Die tatbestandlichen Besonderheiten des Amtshaftungsanspruchs und die Komplexität des materiellen Staatshaftungsrechts stellen dem Geschädigten erhebliche Hürden für eine erfolgreiche
Rechtsdurchsetzung in den Weg. Nach einer vom Bundesministerium der Justiz im Jahre 1976 vorgelegten Erhebung zur Reform des Staatshaftungsrechts scheiterten rund 70 Prozent aller aus
hoheitlichem Unrecht resultierenden Staatshaftungsklagen vollständig, etwa 20 Prozent der Klagen wurden zum Teil abgewiesen (Reform des Staatshaftungsrechts, S. 25 – Erhebungszeitraum war das
Jahr 1972.). Auch in der Zwischenzeit haben sich keine fundamentalen Veränderungen ergeben (allerdings ist aufgrund der Privatisierung der Deutschen Bundespost ein wichtiger Bereich von der
Amtshaftung zur rein privatrechtlichen Haftung verlagert worden): Eine vom Bundesministerium der Justiz in Auftrag gegebene rechtstatsächliche Untersuchung zeigt, dass von 271 auf kommunaler
Ebene geltend gemachten Fällen in 219 Fällen ein Schadensersatzanspruch wegen fehlender Amtspflichtverletzung oder fehlendem Verschulden abgelehnt wurde (Infratest Burke Rechtsforschung, Zur
Reform des Staatshaftungsrechts – Band 2 Tabelle K 4.). Es trifft daher nach wie vor zu, dass der Geschädigte im Regelfall die geringeren Aussichten im Amtshaftungsprozess hat.
Die fünf gröbsten Fallstricke für den Kläger sind:
- Bereits im Vorfeld der Amtshaftungsklage ist der Betroffene wegen der Subsidiaritätsklausel des § 839 Abs. 3 BGB gehalten, hoheitliches Unrecht im Wege des Primärrechtsschutzes durch Klage
zum Verwaltungsgericht, aber auch durch andere außergerichtliche Rechtsmittel im weitesten Sinn abzuwehren. Aufgrund der Verweisungsklausel des § 839 Abs. 1 Satz 2 BGB kann er außerdem gezwungen
sein, vor Erhebung der Amtshaftungsklage gegenüber einem als Haftungsschuldner in Betracht kommenden Dritten „anderweitigen Ersatz“ geltend zu machen. Der Betroffene muss deshalb unter Umständen
mehrere Prozesse nach- oder nebeneinander führen.
- Wenn nicht gesichert ist, dass alle Voraussetzungen eines Amtshaftungsanspruchs vorliegen und bewiesen werden können, muss der Geschädigte weitere Anspruchsgrundlagen in Betracht ziehen.
Diese sind gegebenenfalls in einem anderen Rechtsweg geltend zu machen. Die Probleme der Rechtswegspaltung können mit Hilfe von § 17 Abs. 2 Satz 1 GVG nur teilweise überwunden werden.
- In der Praxis wird bei Amtshaftungsklagen mit niedrigem Streitwert häufig die Vorschrift des § 71 Abs. 2 Nr. 2 GVG übersehen. Nach dieser Vorschrift ist für die Geltendmachung von
Amtshaftungsansprüchen in erster Instanz ausschließlich das Landgericht sachlich zuständig, und zwar unabhängig von der Höhe des Streitwerts. Die Erhebung einer Amtshaftungsklage zum Amtsgericht
ist unzulässig.
- Die Auslegung einzelner Tatbestandsmerkmale durch die Rechtsprechung ist mit erheblicher Unsicherheit behaftet. Dies gilt insbesondere für das Erfordernis der Verletzung einer drittbezogenen
Amtspflicht, das vom BGH als maßgebliches Haftungskorrektiv herangezogen und im Schrifttum nicht zu Unrecht als „crux des Amtshaftungsanspruchs“ bezeichnet wird (Ossenbühl/Cornils
(Staatshaftungsrecht), S. 60.). Wirklich verlässliche Kriterien für die Drittbezogenheit der Amtspflicht gibt es nicht. Dies wirkt sich umso fataler aus, als die Bestimmung von Art und Umfang der
verletzten Amtspflicht regelmäßig prozessentscheidend ist (Ossenbühl/Cornils (Staatshaftungsrecht), S. 60.).
- Häufig wird vom Kläger übersehen, dass er für das Fehlen einer anderweitigen Ersatzmöglichkeit gem. § 839 Abs. 1 Satz 2 BGB darlegungs- und beweispflichtig ist. Amtshaftungsklagen sind häufig
bereits deshalb unschlüssig, weil der Kläger nicht zu diesem „negativen Tatbestandsmerkmal“ vorträgt.