Neben der Haftung der Europäischen Union nach Art. 340 Abs. 2 AEUV und der Haftung der Mitgliedstaaten für die Verletzung von Unionsrecht steht als dritte Säule des europäischen öffentlichen Haftungsrechts die Haftung der Vertragsstaaten nach dem Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK) vom 4.11.1950 (Ossenbühl/Cornils, Staatshaftungsrecht, S. 630). Aufgrund Zustimmungsgesetz vom 7.8.1952 gilt die EMRK in der Bundesrepublik Deutschland gemäß Art. 59 Abs. 2 GG wie jedes andere Gesetzesrecht auch.
Nach Art. 5 Abs. 5 EMRK kann derjenige Schadensersatz verlangen, der unter Verletzung der Voraussetzungen des Art. 5 EMRK von Festnahme oder Freiheitsentziehung betroffen ist.
Voraussetzung für den Schadensersatzanspruch ist, dass der Betroffene einer nach den Maßstäben des Art. 5 Abs. 1 – 4 rechtswidrigen Freiheitsentziehung ausgesetzt war. Diese kann beispielsweise in der Inhaftierung eines aus gesundheitlichen Gründen Haftunfähigen liegen (BGHZ 122, 268, 280).
Keine Voraussetzung ist andererseits, dass die rechtswidrige Freiheitsentziehung schuldhaft erfolgt ist; auf ein Verschulden des Amtswalters kommt es nicht an (BGH, Urteil vom 19. 9. 2013 – III ZR 405/12). Der Anspruch entspricht damit typologisch dem Anspruch aus aufopferungsgleichem Eingriff (BGHZ 45, 58, 81f).
Für die weiteren Anspruchsvoraussetzungen ist innerstaatliches Deliktsrecht anwendbar, insbes. die Verjährungsregelungen nach §§ 195, 199 BGB (BGHZ 45, 58, 71 ff. im Bereich der Verjährung zu § 852 BGB a.F.).
Der Schadensersatzanspruch ist durch Beschwerde gegen die Konventionsverletzung beim Europäischen Gerichtshof für Menschenrecht (EGMR) geltend zu machen, Art. 34 EMRK. Dabei muss der Schadensersatzanspruch beziffert werden; über die Antragssumme geht der EGMR nicht hinaus.
Zulässigkeitsvoraussetzung für die Beschwerde ist die Erschöpfung des innerstaatlichen Rechtsweges; gegen die abschließende innerstaatliche Entscheidung muss dann innerhalb von sechs Monaten Beschwerde erhoben werden, Art. 35 EMRK.
Die Frage der Passivlegitimation ist im Rahmen der innerstaatlichen Geltendmachung des Schadensersatzanspruchs – wie bei der Amtshaftung – durch Anwendung des Art. 34 GG zu beantworten. Danach ist der Hoheitsträger (Bund, Land oder sonstige Gebietskörperschaft) verantwortlich, dessen Hoheitsgewalt bei der rechtswidrigen Freiheitsentziehung ausgeübt wurde (BGH, Urteil vom 19. 9. 2013 – III ZR 405/12). Entscheidend ist dabei, wer den unmittelbaren Eingriff in das Freiheitsrecht vorgenommen hat. Dieser Eingriff kann auch in einer konventionswidrigen Gesetzgebung liegen, sodass die jeweilige gesetzgebende Körperschaft passivlegitimiert ist (KG, Beschluss vom 30.6.2015 – 9 W 5/14).
Für das Streitverfahren kann Prozesskostenhilfe beantragt werden (KG, Beschluss vom 30.6.2015 – 9 W 5/14).
Der EGMR entnimmt aus Art. 41 EMRK einen allgemeinen Entschädigungsanspruch zugunsten des einzelnen Verletzten bei einem Verstoß gegen die in der EMRK niedergelegten Rechte.
Aus der Rechtsprechung des EGMR lassen sich drei Haftungsvoraussetzungen ableiten:
Die Rechtsprechung zu den für eine Entschädigungsleistung in Betracht kommenden Konventionsrechtsverletzungen ist sehr umfangreich. Ohne Bedeutung ist dabei freilich, worin die Verletzungshandlung besteht – sie kann sowohl in administrativem als auch legislativem Unrecht bestehen (Ossenbühl/Cornils, Staatshaftungsrecht, S. 638).
Bei folgenden Menschenrechten hat der EGMR bereits Entschädigungen zugebilligt (umfangreiche Rechtsprechungsnachweise bei Ossenbühl/Cornils, Staatshaftungsrecht, S. 639 ff.):
Ersatzfähig ist grundsätzlich jede Art von Schaden. Der tatsächliche Eintritt muss aber vom Beschwerdeführer belegt werden. Im Bereich der immateriellen Schäden ist der EGMR allerdings in ungewöhnlichem hohem Maße zu Schätzungen bereit; das betrifft vor allem die zuerkannten Schmerzensgelder (EGMR, Urt. v. 4.12.1995, Az. A 336 (Ziff. 43 ff.); EGMR (Große Kammer), Urteil vom 25.3.2014 – 71243/01 (Vistins und Perepjolkins/Lettland).
Dritte und letzte Voraussetzung ist schließlich, dass zwischen Konventionsverletzung und Schaden ein hinreichender kausaler Zusammenhang besteht. Am problematischsten sind hier die Fälle, wo der Schaden möglicherweise auch bei rechtmäßigem Alternativverhalten (insbes. bei Verfahrensfehlern) eingetreten wäre oder wo es um mittelbare bzw. sog. Folgeschäden geht. Eine konsistente, fallgruppenorientierte Rechtsprechung ist allerdings nicht erkennbar, sodass es stets auf den Einzelfall ankommt (Ossenbühl/Cornils, Staatshaftungsrecht, S. 652 f.).
Der Entschädigungsanspruch ist durch Beschwerde gegen die Konventionsverletzung beim Europäischen Gerichtshof für Menschenrecht (EGMR) geltend zu machen, Art. 34 EMRK. Dabei muss die Entschädigungssumme beziffert werden; über die Antragssumme geht der EGMR nicht hinaus.
Zulässigkeitsvoraussetzung für die Beschwerde ist ferner die Erschöpfung des innerstaatlichen Rechtsweges; gegen die abschließende innerstaatliche Entscheidung muss dann innerhalb von sechs Monaten Beschwerde erhoben werden, Art. 35 EMRK.