Praxisrelevante Fallgruppen des Amtshaftungsprozesses

Auch wenn das deutsche Recht anders als der angloamerikanische Rechtskreis sog. Präzedenzfälle grundsätzlich nicht anerkennt und eine Bindung der Gerichte an höchstrichterliche Urteile mit Ausnahme derjenigen des Bundesverfassungsgerichts verneint, hat die bisher ergangene Rechtsprechung dennoch in praktischer Hinsicht eine fundamentale Bedeutung für die Einschätzung der Erfolgsaussichten einer Klage. Im Amtshaftungsrecht gilt dies umso mehr, als es sich hier um ein stark richterrechtlich geprägtes Rechtsgebiet handelt, das mit der Anwendung allein von § 839 BGB bei Weitem nicht erschöpfend erfasst wird.

 

 

Die Bildung von Themenbereichen und Fallgruppen ist für eine einfache Handhabung des kaum noch zu überblickenden Fallmaterials unerlässlich. Derartige Fallgruppen zeigen Besonderheiten nicht nur in materiell-rechtlicher Hinsicht, etwa bei der Formulierung besonderer Amtspflichten oder bei der Bestimmung der Reichweite ihres Schutzzwecks, sondern auch in prozessualer Hinsicht, etwa bei der Ermittlung der Passivlegitimation oder bei der Zuordnung der Darlegungs- und Beweislast, auf. Zugleich bieten sie praktische Handlungsempfehlungen bei gleichgelagerten Fällen, etwa welche Primärrechtsschutzmöglichkeiten zu ergreifen sind oder welche anderweitigen Ersatzmöglichkeiten typischer Weise bestehen. Die nachfolgende Darstellung der praxisrelevanten Fallgruppen des Amtshaftungsprozesses beschränkt sich daher nicht nur auf materiell-rechtliche Fragen, sondern bezieht auch die notwendigen prozessualen Besonderheiten in die Darstellung der Fallgruppe mit ein. Erst im Prozess bewahrheitet sich nämlich der materiell-rechtliche Anspruch, und ohne Prozess werden nur in den seltensten Fällen Amtshaftungsansprüche erfüllt. Die Spannweite reicht dabei vom Öffentlichen Baurecht über das Öffentliche Informationsrecht und Wirtschaftsaufsichtsrecht bis hin zum Steuerrecht und zur Haftung für Truppenschäden.