Im Zuge einer immer weiter voranschreitenden Vernetzung von Wirtschaftsunternehmen über die Ländergrenzen hinweg steigen auch die Anforderungen an die Wirtschaftsaufsicht. Exemplarisch hierfür ist die Situation bei den Finanzdienstleistungsunternehmen, was die weltweite Finanzkrise eindrücklich vor Augen geführt hat. Die mit dieser Ausweitung der Aufgaben einhergehende Haftungszunahme hat den Gesetzgeber aber bewogen, erhebliche Restriktionen bei der Ausgestaltung des Drittschutzes der zu beachtenden Amtspflichten zu erlassen und damit das Haftungsrisiko praktisch auszuschließen.
Der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht obliegen umfangreiche Amtspflichten bei der Prüfung der von ihr zu beaufsichtigenden Finanzdienstleistungsinstitute. Im Falle einer rechtswidrigen Schließung eines Kreditinstituts sind daher Amtshaftungsansprüche möglich (Fett, WM 99, 613, 619.).
Gegenüber mittelbar Betroffenen, wie etwa Bankkunden oder Unternehmensgläubigern, kommt diesen Amtspflichten dagegen keine drittschützende Wirkung zu. Vielmehr werden diese Amtspflichten nach § 4 Abs. 4 FinDAG (Vormals § 6 Abs. 4 KWG.) ausschließlich im öffentlichen Interesse wahrgenommen (BGH NJW 2005, 742; BGH NJW-RR 2005, 1406; Häde, EuZW 2005, 39 ff.). Wegen der beträchtlichen Haftungsrisiken hat der Gesetzgeber die Drittbezogenheit ausdrücklich ausgeschlossen, nachdem der BGH zu dem Ergebnis gekommen war, dass die allgemeine Bankenaufsicht nicht nur die Funktionsfähigkeit des Kreditapparates bewahren, sondern zugleich auch die Einlagegläubiger der beaufsichtigten Kreditinstitute schützen soll (Vgl. BGHZ 74, 144, 147 f.; BGHZ 75, 120, 122 ff.).
Entsprechende Regelungen finden sich in § 81 Abs. 1 Satz 3 VAG für die Versicherungsaufsicht und in § 3 Abs. 3 BörsG für die Börsenaufsicht. Auch hier bestehen daher keine Amtspflichten gegenüber dem einzelnen Versicherungsnehmer oder gegenüber oder dem materiell von einer Versicherung Begünstigten (BGHZ 1958, 96; OLG Frankfurt a.M. VersR 1970, 657.). Auch der einzelne Anleger fällt nicht in den Schutzbereich der bei Zulassung von Wertpapieren (OLG Frankfurt a.M. NJW-RR 2006, 416.) oder Aussetzung des Terminhandels (OLG Frankfurt a.M. ZIP 2001, 730.) zu beachtenden Amtspflichten.
Gegen die Verfassungsmäßigkeit von § 4 Abs. 4 FinDAG bestehen allerdings erhebliche Bedenken, weil nach Art. 34 Satz 1 GG die Amtshaftung für staatliches Handeln nicht völlig ausgeschlossen werden darf (Vgl. hierzu Schenke/Ruthig NJW 1994, 2324, die von einer teilweisen Unanwendbarkeit des § 6 Abs. 3 KWG a. F. auch unter unionsrechtlichen Gesichtspunkten ausgehen; MüKo-Papier, § 839 BGB, Rdn. 252 ff.; Ossenbühl (Staatshaftungsrecht), S. 63 f.; nach Ossenbühl/Cornils (Staatshaftungsrecht), S. 66 ist dieser Streitpunkt „für die Praxis erledigt“. ). Zudem ist § 4 Abs. 4 FinDAG unter dem Gesichtspunkt der Normenklarheit sehr problematisch, weil unter dem Deckmantel der Zweckbestimmung von Amtspflichten der Sache nach ein totaler Haftungsausschluss verfügt wird. Der BGH hat den Ausschluss des Drittschutzes aber auch unter europarechtlichen Gesichtspunkten – einem Urteil des EuGH folgend (EuGH NJW 2004, 3479.) – akzeptiert (BGH NJW 2005, 742.).
Vor dem Hintergrund eines drohenden Zusammenbruchs großer deutscher Banken hatte die Bundesregierung am 05.10.2008 eine unbeschränkte Garantie für alle Spareinlagen in Deutschland gegeben. Bundesfinanzminister Steinbrück erklärte dabei, dass „die Sparerinnen und Sparer in Deutschland nicht befürchten müssen, einen Euro ihrer Einlagen zu verlieren“ (Zitiert nach den Informationsseiten des Bundesfinanzministeriums zur Finanzmarktkrise, www.bundesfinanzministerium.de.). Bundeskanzlerin Merkel wird mit den Worten zitiert: „Wir sagen den Sparerinnen und Sparern, dass ihre Einlagen sicher sind. Auch dafür steht die Bundesregierung ein.“ (www.bundeskanzleramt.de/Presse)
Die Parlamentarische Staatssekretärin im Bundesministerium der Finanzen Kressl hat dagegen auf eine schriftliche Frage von MdB Ströbele (BT-Drs. 16/10519, Frage 35.) in ihrer schriftlichen Antwort ausgeführt, dass die Erklärung der Bundeskanzlerin und des Bundesfinanzministers vom 05.10.2008 eine politische Erklärung darstellte, mit welcher die Bundesregierung versichere, dass die privaten Spareinlagen der Bürgerinnen und Bürger auch im äußerst unwahrscheinlichen Fall des Versagens der bestehenden Sicherungssysteme gesichert sind. Hieraus lasse sich aber für die Bürger keine rechtsverbindliche und damit selbstständig einklagbare Garantieerklärung ableiten (Plenarprotokoll 16/182, S. 19412 (Anlage 14).).
Indes ist sehr zweifelhaft, ob nach dem Empfängerhorizont gemäß §§ 133, 157 BGB tatsächlich keine verbindliche Garantieerklärung vorliegt. Selbst wenn aber davon ausgegangen werden sollte, dass eine Garantieerklärung nicht abgegeben werden sollte, handelt es sich bei der Erklärung der Bundesregierung jedenfalls um eine Zusage, die auch mündlich abgegeben werden kann. Anders lässt sich die Formulierung „einstehen“, die die Bundeskanzlerin verwendet hatte, nur schwerlich deuten. Sollte die Zusage im Schadensfall dann nicht eingehalten werden, wären Amtshaftungsansprüche begründet (A. A. Roth, NJW 2009, 566.).
Bei der Behandlung von Anträgen auf Erteilung einer gewerberechtlichen Erlaubnis haben Amtsträger über die allgemeinen Amtspflichten hinaus die besondere Amtspflicht zur raschen Sachentscheidung, wenn eine Rechtsänderung bevorsteht, die sich auf die Genehmigungsfähigkeit der gestellten Anträge auswirken kann (BGH NVwZ 1991, 298. ).
In einem vom BGH entschiedenen Fall beantragte der Geschädigte die Erlaubnis für den Betrieb einer Spielhalle. Da dem verantwortlichen Amtsträger bekannt war, dass eine Änderung der Spielverordnung bevorstand und das Vorhaben des Geschädigten nur nach Maßgabe der bisherigen Rechtslage genehmigungsfähig war, zögerte er die Entscheidung solange hinaus, bis das Vorhaben wegen des Inkrafttretens der neuen Verordnung nicht mehr im geplanten Umfang genehmigungsfähig war (BGH NVwZ 1991, 298.).
Bei Kenntnis oder Erkennbarkeit der Eilbedürftigkeit eines Antrags ist der Amtsträger auch verpflichtet, bei Einholung notwendiger Auskünfte von einer anderen Fachabteilung auf die Eilbedürftigkeit der Angelegenheit hinzuweisen. So stellt ein Zeitraum von elf Tagen für die Einholung einer Rechtsauskunft beim Rechtsamt der zuständigen Behörde eine unnötige Verzögerung dar. Den verantwortlichen Amtsträger trifft zugleich die Pflicht, die Fragestellung hinreichend präzise zu formulieren, um eine Verzögerung bei der Bearbeitung zu verhindern. Steht eine Rechtsänderung bevor, die sich auf die Genehmigungsfähigkeit der gestellten Anträge auswirken kann, ist der Amtsträger nach Maßgabe dieser Pflichten gehalten, dem Begehren des Antragstellers zum Erfolg zu verhelfen, auch wenn das beantragte Vorhaben den Intentionen der neuen Rechtslage zuwiderläuft (BGH NVwZ 1991, 298.).
Bei der vorläufigen Untersagung der Berufsausübung muss die Verhältnismäßigkeit besonders intensiv geprüft werden (Schleswig-Holsteinisches Oberlandesgericht, Urteil vom 15. Januar 2015 – 11 U 23/14 –, juris (bzgl. eines Seelotsen).).
Verzögerte Entscheidungen über die beantragte Genehmigung eines Gewerbebetriebs verletzen eine dem Antragsteller gegenüber obliegende Amtspflicht (Für Erlaubnisse für den Betrieb von Spielhallen vgl. BGH NVwZ 1991, 298.).
Demgegenüber sind die Amtspflichten, die bei Einschaltung einer anderen Behörde in einem rein innerdienstlichen Vorgang zu beachten sind, jedenfalls nach früherer Rechtsprechung nicht drittschützend. Dementsprechend ist die Amtspflicht staatlicher Gewerbeaufsichtsämter, immissionsschutzrechtliche Belange im Baugenehmigungsverfahren zu prüfen, keine drittbezogene Amtspflicht gegenüber den Beteiligten des Baugenehmigungsverfahrens, weil diese gegenüber dem Gewerbeaufsichtsamt keine „Dritten“ darstellen (BGH NVwZ 1991, 707.). Nach neuester Rechtsprechung kommt es jedoch für den Drittschutzcharakter darauf an, ob bei einem Zusammenwirken mehrerer Ämter dergestalt, dass die eine Behörde nur intern für die andere tätig wird und nur letztere nach außen in Erscheinung tritt, die wahrzunehmenden Amtspflichten gebieten, auf schutzwürdige Interessen eines erkennbar abgegrenzten Kreises Dritter in qualifizierter und zugleich individualisierbarer Weise Rücksicht zu nehmen (BGHZ 146, 365, 368 - Gutachterausschuss.). Eine pauschale Verneinung des Drittschutzes ist also in diesen Fällen nicht mehr möglich.
Hat ein Kollegialgericht in einem verwaltungsgerichtlichen Verfahren die Versagung einer Gewerbeerlaubnis für rechtmäßig erklärt, lässt sich im Regelfall kein Schuldvorwurf gegen den verantwortlichen Amtsträger erheben, sodass ein Amtshaftungsanspruch des Gewerbetreibenden ausscheidet (BVerwG NVwZ 1992, 378 – Spielhallenerlaubnis.). Dieser Grundsatz greift jedoch dann nicht ein, wenn besondere Umstände dafür sprechen, dass der Beamte es „besser“ als das Kollegialgericht hätte wissen müssen (BVerwG NVwZ 1991, 270 m. w. N.).
Wird eine gaststättenrechtliche Erlaubnis nach §§ 2, 4 GastG schuldhaft rechtswidrig versagt oder unter schuldhafter Verzögerung erteilt, kommt ein Amtshaftungsanspruch des Antragstellers in Betracht (Michel/Kienzle/Pauly, § 4 GastG, Rdn. 86). Dies gilt insbesondere für die Pflicht zur sachgerechten Entscheidung, die auch durch eine stattgebende Entscheidung verletzt werden kann (Michel/Kienzle/Pauly, § 4 GastG, Rdn. 87 a. E). Die Amtspflicht geht allerdings nicht so weit, den Antragsteller in seinen Planungen zu kontrollieren und ihn vor Vermögensnachteilen zu bewahren (Vgl. BGHZ 60, 112, 118 f. - für Erteilung einer Baugenehmigung).
Die Behörde ist ferner verpflichtet, jedenfalls den anwaltlich nicht vertretenen Antragsteller auf den Eintritt einer Genehmigungsfiktion hinzuweisen, wenn sie ihm zuvor mitgeteilt hat, dass sein Antrag auf Erteilung einer Gaststättenerlaubnis noch nicht beschieden werden könne, und insoweit um etwas Geduld gebeten hat (BGH, Urteil vom 20.04.2017 - Aktenzeichen III ZR 470/16).
II. Drittbezogenheit der Amtspflicht
1. Zuverlässigkeitsprüfung gem. § 4 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 GastG
Gem. § 4 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 GastG ist die Erlaubnis zum Betrieb eines Gaststättengewerbes zu versagen, wenn Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass der Antragsteller die für den Gewerbebetrieb erforderliche Zuverlässigkeit nicht besitzt. Die sich hieraus ergebende Amtspflicht der Behörde zur Prüfung der Zuverlässigkeit des Antragstellers bezweckt allein den Schutz der Allgemeinheit, nicht aber den Schutz eines bestimmten Dritten. Personen, die nach Erteilung der Erlaubnis wegen der Unzuverlässigkeit des Gewerbetreibenden einen Schaden erleiden, können aus einer unzureichenden Überprüfung der Zuverlässigkeit des Antragstellers durch die Behörde keinen Amtshaftungsanspruch herleiten.
Das GastG bezweckt mit der der Erlaubniserteilung vorgeschalteten Zuverlässigkeitsprüfung die Verhinderung des Alkoholmissbrauchs, den Schutz der Jugend und der Familie vor den Folgen des Alkoholmissbrauchs sowie den Schutz der Jugend vor Ausbeutung ihres Leichtsinns und ihrer Unerfahrenheit und damit lediglich den Schutz der Allgemeinheit (BGH NJW 1981, 2347 f.; Michel/Kienzle/Pauly, GastG, Einl., Rdn. 13).
Beantragt der Pächter einer Gastwirtschaft die Erteilung einer Schankerlaubnis, so dient die Zuverlässigkeitsprüfung nicht dem Schutz des Verpächters vor dem wirtschaftlichen Verlust, den er durch vertragswidriges Verhalten des Pächters erleidet, weil es nicht Aufgabe der Zuverlässigkeitsprüfung ist, dem Verpächter das Erfüllungsrisiko abzunehmen (BGH NJW 1981, 2347; Michel/Kienzle/Pauly, § 4 GastG, Rdn. 87; OLG Saarbrücken, Urt. v. 08.05.2001, Az. 4 U 537/00).
Vergleichbares gilt für die Ausstellung eines Führungszeugnisses im Zusammenhang mit der Erlaubniserteilung nach dem GastG. Zwar trifft den Registerführer die Amtspflicht, das Zeugnis richtig und im Rahmen der gesetzlichen Bestimmungen zu erteilen (BGH NJW 1981, 2347). Das Zeugnis dient aber ausschließlich der Vorbereitung der Entscheidung über den Antrag auf Erteilung der Erlaubnis nach § 2 GastG. Die Amtspflicht des Registerführers zur richtigen Zeugniserteilung besteht allein gegenüber der Empfängerbehörde, nicht aber gegenüber einem „Dritten“, der vom Antragsteller geschädigt wird (BGH NJW 1981, 2347).
Ein drittschützender Charakter der im Rahmen der Zuverlässigkeitsprüfung bestehenden Pflichten kann auch nicht daraus abgeleitet werden, dass sich die für die Annahme der Unzuverlässigkeit maßgebliche Prognose realisiert hat (Michel/Kienzle/Pauly, § 4 GastG, Rdn. 87).
Allerdings kann die staatliche Aufsicht über private Wirtschaftsunternehmen, die grundsätzlich nur der Wahrung der allgemeinen öffentlichen Interessen dient, (BGHZ 58, 96, 100) ausnahmsweise drittschützende Wirkung i. S. d. § 839 BGB entfalten, wenn sich der Dritte an die Erlaubnisbehörde oder an deren vorgesetzte Behörde gewandt hat und dadurch eine besondere Beziehung zwischen Bürger und Behörde begründet worden ist (Vgl. BGH NJW 1971, 1699, 1700 m. w. N. ). In diesem Fall trifft die Behörde die Amtspflicht, den Dritten vor gesetzeswidrigen Maßnahmen zu bewahren und – soweit ein Eingriff in seine Rechtssphäre bereits erfolgt ist – für ihre Beseitigung zu sorgen (BGH NJW 1971, 1699, 1700; BGH NJW 1956, 1028).
Die sich bei der Zuverlässigkeitsprüfung ergebenden Amtspflichten sind darüber hinaus drittbezogen, wenn der Dritte zu dem unzuverlässigen Gewerbetreibenden in Rechtsbeziehungen steht, die kraft Gesetzes begründet sind und vom Dritten nicht einseitig beendet werden können. Dies betrifft insbesondere Sozialversicherungsträger, wenn die Verletzung sozialversicherungsrechtlicher Pflichten die Annahme der Unzuverlässigkeit des Gewerbetreibenden rechtfertigt (Michel/Kienzle/Pauly, § 4 GastG, Rdn. 87).
2. Amtspflichten gem. § 4 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 und 3 GastG
Nach § 4 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 GastG ist die Erlaubnis zu versagen, wenn die zum Betrieb des Gaststättengewerbes bestimmten Räume den notwendigen Anforderungen zum Schutz von Beschäftigten und Gästen nicht genügen. Gem. § 4 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2a GastG ist die Erlaubnis zu versagen, wenn die zum Betrieb des Gewerbes für Gäste bestimmten Räume von behinderten Menschen nicht barrierefrei genutzt werden können und die Räumlichkeiten in einem Gebäude liegen, für das nach dem 01.11.2002 erstmalig eine Baugenehmigung erteilt wurde. Nach § 4 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 GastG darf die Erlaubnis nicht erteilt werden, wenn der Gewerbebetrieb schädliche Umwelteinwirkungen für die Nachbarschaft befürchten lässt. Diese Vorschriften dienen jeweils dem Schutz eines bestimmten Personenkreises, beispielsweise § 4 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 Alt. 1 GastG dem Schutz der Nachbarschaft (Metzner, § 4 GastG, Rdn. 341). Die Amtspflicht zur nachgereichten Entscheidung über die Erteilung oder Versagung der Erlaubnis ist insoweit drittbezogen.
Trifft die Behörde ihre Versagungs- oder Erlaubnisentscheidung unter Verstoß gegen § 4 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2, 2a und 3 GastG, so besteht für einen insoweit geschützten Dritten grundsätzlich die Möglichkeit, einen Amtshaftungsanspruch geltend zu machen (Vgl. BGH NJW 1979, 34; Michel/Kienzle/Pauly, § 4 GastG, Rdn. 87).
3. Anordnung von Auflagen gem. § 5 GastG
§ 5 GastG entfaltet drittschützende Wirkung gegenüber dem in dieser Vorschrift aufgeführten Personenkreis (BVerwGE 11, 331, 333; BGH NJW 1959, 767 f., jeweils für § 11 GastG a. F., der inhaltlich § 5 GastG entspricht; vgl. auch Michel/Kienzle/Pauly, § 5 GastG, Rdn. 26; Metzner, § 4 GastG, Rdn. 337).
Ist die Abwendung von Gefahren für Leben, Gesundheit oder Sittlichkeit der Gäste, Angestellten oder Arbeiter geboten, oder ist ein Schutz der Bewohner des Grundstücks oder der Nachbargrundstücke gegen erhebliche Nachteile oder Belästigungen erforderlich, so obliegt der zuständigen Behörde die Amtspflicht, diesen Gefahren, Nachteilen oder Belästigungen mit entsprechenden Auflagen zu begegnen. Da diese Amtspflicht zur Erteilung von Auflagen gerade den Schutz bestimmter Personen bezweckt, ist sie drittbezogen i. S. d. § 839 BGB (BGH NJW 1959, 767 f. für § 11 GastG a. F).
Hierbei steht es trotz des unklaren Wortlauts von § 5 GastG, wonach einem Gewerbetreibenden Auflagen gemacht werden „können“, nicht im Ermessen der Behörde, ob sie Auflagen macht (Entschließungsermessen). Vielmehr hat sie unter diesen Umständen, soweit es nach Lage des Falles erforderlich ist, Auflagen zu verfügen; (Hoffmann/Pöltl/Seitter, § 5 GastG, Rdn. 16; BGH NJW 1959, 767 f.; BVerwGE 11, 331, 333; zu den im Rahmen des Entschließungsermessens zu berücksichtigenden Erwägungen für die Erforderlichkeit siehe Michel/Kienzle/Pauly, § 5 GastG, Rdn. 26) der Wortlaut des § 5 GastG stellt es lediglich in das pflichtgemäße Ermessen der Behörde, die Wahl unter verschiedenen in Betracht kommenden und zur Gefahrenabwehr gleichermaßen geeigneten Auflagen zu treffen (Auswahlermessen) (BGH NJW 1959, 767).
4. Sperrzeit
Die Pflicht zu sachgemäßer Entscheidung über Abweichungen von der allgemeinen Sperrzeit aufgrund einer Einzelfallanordnung ist eine Amtspflicht i. S. d. § 839 BGB gegenüber dem Gewerbetreibenden, die im Einzelfall auch durch eine stattgebende Entscheidung verletzt werden kann (Michel/Kienzle/Pauly, § 18 GastG, Rdn. 31). Sie besteht als drittbezogene Amtspflicht auch gegenüber den Bewohnern des Betriebsgrundstücks und der Nachbargrundstücke (Michel/Kienzle/Pauly, § 18 GastG, Rdn. 32).
III. Gaststätten- und Bauordnungsrecht
Amtspflichten nach dem GastG stehen selbständig neben Amtspflichten aufgrund baurechtlicher Genehmigungs- und Prüfungsvorschriften, weil grundsätzlich (§ 67 I 2 BbgBauO normiert seit 01.09.2003 eine teilweise Konzentrationswirkung der Baugenehmigung: hiervon nicht erfasst werden persönliche oder so genannte „gemischte“ Zulassungen, deren Erteilung auch von der Person des Anlagenbetreibers abhängt (wie etwa eine Gaststättenerlaubnis); vgl. hierzu Knuth, LKV 2004, 193 ff.; Ortloff, NVwZ 2003, 1218 ff. ) weder der Gaststättenerlaubnis noch der Baugenehmigung eine Konzentrationswirkung zukommt, die eine anderweitig erforderliche öffentlich-rechtliche Genehmigung in vollem Umfang ersetzen würde (Landmann/Rohmer, Bd. II, GastG, Anm. 2 d;; beachte aber zur Bindung der Gewerberechtsbehörde durch eine Baugenehmigung hinsichtlich § 4 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 GastG z. B. BVerwG NVwZ 1990, 559; vgl. für Bayern Simon/Busse-Lechner, Art. 55 BayBO, Rdn. 65, Art. 68, Rdn. 219). Wegen der Vielzahl der Berührungspunkte von Gaststättenrecht und Bauordnungsrecht ist immer auch die mögliche Verletzung von Amtspflichten zu berücksichtigen, die sich aus baurechtlichen Vorschriften ergeben.
So hat die Gewerbeaufsichtsbehörde im Verfahren auf Erteilung einer gaststättenrechtlichen Erlaubnis die Bauaufsichtsbehörde zu beteiligen. Diese prüft, ob die Ausübung der konkret beantragten gewerblichen Tätigkeiten in den dafür vorgesehenen Räumen bauplanungs- und bauaufsichtsrechtlich zulässig ist (Hierbei ist die GastbauV besonders zu berücksichtigen; vgl. dazu auch BVerwG NVwZ 1990, 559). Ist eine erforderliche Baugenehmigung ohnehin bestandskräftig abgelehnt oder steht die baurechtliche Genehmigungsfähigkeit der Gaststätte nicht fest, so kann das Sachbescheidungsinteresse für die Gaststättenerlaubnis fehlen, wenn sich dieses baurechtliche Hindernis schlechthin nicht mehr ausräumen lässt (BVerwG NVwZ 1990, 559. Da in einem solchen Fall aus baurechtlichen Gründen von der Gaststättenerlaubnis kein Gebrauch gemacht werden kann, darf die Gewerberechtsbehörde die Erlaubnis versagen, vgl. Simon/Busse-Lechner, Art. 72 BayBO, Rdn. 245 (Stand: 87. EL., 2007)). Außerdem hat die Gewerbeaufsichtsbehörde den bauplanungsrechtlichen Charakter eines Gebiets zu berücksichtigen, um etwa über die Rechtmäßigkeit von Abweichungen bei der Sperrzeit zu entscheiden (Vgl. z. B. BVerwG NVwZ-RR 1990, 405; vgl. auch VGH Mannheim NVwZ-RR 2003, 745 ff. ).
Die Wirtschafts- und Berufsaufsicht wird nicht nur durch unmittelbare staatliche Stellen, sondern auch von Trägern mittelbarer Staatsverwaltung ausgeübt, wie dies etwa bei den Handwerkskammern oder den Industrie- und Handelskammern (zu deren Amtshaftung OLG Zweibrücken, Urt. v. 28.05.2009, Az. 6 U 1/08.) der Fall ist.
Die Handwerkskammern führen gemäß § 6 Abs. 1 HwO die Handwerksrolle. Nach § 7 HwO ist eine natürliche oder juristische Person bzw. eine Personengesellschaft als Inhaber eines Betriebes eines zulassungspflichtigen Handwerks auf Antrag in die Handwerksrolle einzutragen, wenn der Betriebsleiter die Voraussetzungen für die Eintragung in die Handwerksrolle erfüllt. Entsprechend ist die Eintragung gemäß § 13 HwO zu löschen, wenn die Eintragungsvoraussetzungen weggefallen sind (Honig/Knörr, § 13 HwO, Rdn. 7 für den Fall der Aufhebung einer Ausnahmebewilligung.) oder von Anfang an nicht vorlagen. Eine Handwerkskammer handelt demnach amtspflichtwidrig, wenn sie eine Eintragung ablehnt oder verzögert, obwohl die Eintragungsvoraussetzungen vorliegen, oder wenn sie von Amts wegen eine Eintragung löscht, obwohl die Eintragungsvoraussetzungen nicht weggefallen sind bzw. weiterhin bestehen. Ebenfalls handelt sie amtspflichtwidrig, wenn sie eine Eintragung in die Handwerksrolle trotz Fehlens der Eintragungsvoraussetzungen vornimmt oder eine Eintragung trotz Wegfalls der Eintragungsvoraussetzungen nicht löscht.
Geschützter Dritter ist in diesen Fällen zunächst der unmittelbar Betroffene, also der Antragsteller bzw. der Eingetragene. Noch nicht geklärt ist hingegen die Frage, ob auch weitere Personen in den Schutzbereich dieser Amtspflichten einbezogen sind (Tremml/Luber, GewArch 2007, 393, 396 ff.). Richtigerweise dürfte dies nur dann der Fall sein, wenn sich eine besondere Rechtsbeziehung zwischen dem Dritten und der Handwerkskammer, etwa aufgrund einer Beratungsleistung, etabliert hat.
Die Handwerkskammern erheben ferner zur Deckung ihrer Ausgaben Beiträge und Gebühren. Rechtsgrundslage für die Beitragserhebung ist § 113 HwO, der den Handwerkskammern die Befugnis zum Erlass von Beitragssatzungen gewährt. Sind diese Satzungen wegen eines Verstoßes gegen höherrangiges Recht insbesondere unter dem Gesichtspunkt der Beitragsgerechtigkeit rechtswidrig und nichtig, erfüllt dies zugleich den Tatbestand der Amtspflichtverletzung unter dem Gesichtspunkt des normativen Unrechts bei Satzungen (Tremml/Luber, GewArch 2007, 393, 396.). Auch die Drittbezogenheit der Amtspflichten ist bei Beitragssatzungen zu bejahen, da der geschützte Personenkreis sowohl in räumlicher als auch in personaler Hinsicht klar umgrenzt ist. Regelmäßig wird es aber an einem Schaden, der über die Rückerstattung zu viel gezahlter Beiträge einschließlich von Zinsen hinausgeht, fehlen.
Den Handwerkskammern obliegt ferner die Aufsicht über die Handwerksinnungen und Kreishandwerkerschaften, §§ 75, 89 HwO. Zweck der Aufsicht ist es sicherzustellen, dass die Innungen und Kreishandwerkerschaften ihre gesetzlichen und satzungsgemäßen Pflichten ordnungsgemäß erfüllen (Honig/Knörr, § 75 HwO, Rdn. 3.). Die Handwerkskammern dürfen daher nur dann Aufsichtsmittel ergreifen, wenn diese Aufgabenerfüllung gefährdet ist. Die entsprechenden Amtspflichten entfalten aber regelmäßig keinen Drittschutz zugunsten der Handwerksinnungen und Kreishandwerkerschaften (Tremml/Luber, GewArch 2007, 393, 397.). Zwar hat der BGH entschieden, dass die Kommunalaufsicht eine drittschützende Wirkung zugunsten der Gemeinden entfaltet (BGH NVwZ 2003, 643, 653.). Zwischen Gemeinden und Handwerksinnungen bzw. Kreishandwerkerschaften bestehen aber hinsichtlich ihrer staatsrechtlichen Funktion und ihres verfassungsrechtlichen Rechtsstatus derart erhebliche Unterschiede, dass eine Übertragung der Rechtsprechung des BGH ausscheidet. Den Handwerkskammern obliegen daher grundsätzlich keine drittschützenden Amtspflichten gegenüber den Handwerksinnungen und Kreishandwerkerschaften (Tremml/Luber, GewArch 2007, 393, 397 auch zu möglichen Ausnahmen.).
Der Gesetzgeber hat schließlich zahlreiche freie Berufe einer umfassenden Berufsaufsicht unterworfen, etwa Rechtsanwälte mit der Bundesrechtsanwaltsordnung, Steuerberater mit dem Steuerberatungsgesetz, Notare mit der Bundesnotarordnung, Architekten mit den Architektengesetzen und Ärzte und Zahnärzte mit den Ärztegesetzen der Länder. Die dort geregelten Berufszulassungsvoraussetzungen sind von den Berufsorganisationen zu beachten und begründen entsprechende Amtspflichten. Dementsprechend haftet etwa eine Architektenkammer als Körperschaft des Öffentlichen Rechts gegenüber einem Bewerber, wenn sie pflichtwidrig die Eintragung in die Architektenliste verweigert (BGH NVwZ 1992, 298.).
Im Einzelfall können diese Amtspflichten auch eine drittschützende Wirkung hinsichtlich weiterer Personen entfalten. Hat sich etwa ein Geschädigter mit Eingaben an die Aufsichtsbehörde gewandt und war diese ohne weiteren Ermessensspielraum zum Handeln verpflichtet, ist der Dritte in den Schutzbereich der Amtspflicht zur ordnungsgemäßen Kontrolle der Aufsichtsunterworfenen verpflichtet (BGHZ 135, 354, 364 ff. für den Fall einer Amtsenthebung eines Notars.). Aufgrund von § 839 Abs. 1 Satz 2 BGB können Amtshaftungsansprüche aber erst dann mit Erfolg geltend gemacht werden, wenn gegen den Berufsträger selbst Ersatzansprüche nicht durchsetzbar sind.