Die öffentliche Hand trägt im Bereich des Baurechts ein erhebliches Haftungsrisiko. Die Materie ist fehlerträchtig, der gegebenenfalls entstehende finanzielle Schaden zumeist vergleichsweise hoch.
Eine Haftung der Gemeinden kommt in erster Linie bei der Aufstellung von Bebauungsplänen in Betracht (Das Planungsschadensrecht nach § 39 ff. BauGB betrifft die Änderung, Ergänzung oder Aufhebung von rechtmäßigen Bebauungsplänen und gehört daher nicht zur Unrechtshaftung des Staates.). Die Gemeinde haftet für schuldhafte Fehler bei der Planaufstellung, wenn der Betroffene im Vertrauen auf die Gültigkeit des Bebauungsplans Vermögensdispositionen getroffen hat, der Plan sich aber im Nachhinein als unwirksam erweist.
Der Träger der Baugenehmigungsbehörde haftet dagegen, wenn er den Antrag auf Erteilung einer Baugenehmigung oder eines Bauvorbescheids pflichtwidrig abgelehnt oder nicht innerhalb eines angemessenen Zeitraums bearbeitet und verbeschieden hat. Umgekehrt kann die Erteilung der beantragten Genehmigung eine Amtspflichtverletzung darstellen, wenn die Baugenehmigung rechtswidrig ist.
Amtshaftungsansprüche können sich schließlich auch aus unrichtigen Auskünften oder unterlassenen Belehrungen ergeben.
I. Amtshaftung wegen eines unwirksamen Bebauungsplans
1. Gemeinderatsmitglieder als Amtsträger
2. Verletzung einer drittgerichteten Amtspflicht
a) Vorschriften zur Sicherstellung eines geordneten Verfahrens
b) Abwägungsgebot, § 1 Abs. 7 BauGB
4. Vorrang des Primärrechtsschutzes
5. Anderweitige Ersatzmöglichkeit
a) Fehlgeschlagene Aufwendungen
b) Grundsatz der Planerhaltung
7. Zusammentreffen des rechtswidrigen Bebauungsplans mit einer rechtswidrigen Baugenehmigung
8. Inzidentprüfung der Rechtmäßigkeit des Bebauungsplans durch die Zivilgerichte
II. Amtshaftung wegen Nichterlass eines Bebauungsplans
III. Amtshaftung wegen verzögerten Erlasses eines Bebauungsplans
a) Kenntnis oder Kennenmüssen des Gefahrenpotentials
b) Art und Umfang der Prüfungspflicht
3. Drittbezogenheit der Amtspflicht
b) Nicht geschützter Personenkreis
c) Sachlicher Schutzbereich und ersatzfähige Schäden
aa) Unmittelbare Beziehung des Schadens zu einer Gesundheitsgefährdung
bb) Verlässlichkeitsgrundlage und schutzwürdiges Vertrauen
d) Maßgeblicher Zeitpunkt für die Schadensberechnung
4. Verschulden der Gemeinderatsmitglieder
5. Mitverschulden des Geschädigten
6. Anderweitige Ersatzmöglichkeit
a) Ansprüche gegen den Veräußerer des Grundstücks
b) Ansprüche gegen sonstige Dritte
7. Amtshaftung bei Überplanung von Flächen mit Bergschäden und mit Hochwassergefahren
In bestimmten Fällen kann bereits der Erlass eines unwirksamen Bebauungsplans (Dagegen bestehen bei Flächennutzungsplänen als vorbereitenden Bebauungsplänen mangels Außenwirkung von vornherein keine drittschützenden Amtspflichten) Amtshaftungsansprüche auslösen (Daneben kommen auch Ansprüche aus enteignungsgleichem Eingriff wegen einer sog. „faktischen Bausperre“ in Betracht; dazu Hager/Kirchberg, NVwZ 2002, 538, 540; BGH NVwZ 2007, 485, 486; OVG NRW Urt. v. 19.09.2005, Az.: 10 D 36/03.NE; vgl. hierzu auch Schumacher, BADK-Information 3/2007, 115, 118, 123).
Mitglieder eines Gemeinderats werden bei der Beschlussfassung über einen Bebauungsplan als Beamte im haftungsrechtlichen Sinne tätig, da sie eine hoheitliche Aufgabe wahrnehmen (BGHZ 106, 323, 330; Hoppe/Bönker/Grotefels, § 19, Rdn. 4; Brüning, Rdn. 51). Deshalb haftet eine Gemeinde für Amtspflichtverletzungen durch den Gemeinderat.
Der Gemeinde obliegt die allgemeine Amtspflicht, beim Planaufstellungsverfahren die bestehenden gesetzlichen Vorschriften zu beachten. Ein Verstoß insbesondere gegen § 1 BauGB begründet daher eine Amtspflichtverletzung.
Ein Amtshaftungsanspruch setzt ferner die Verletzung einer dem geschädigten Dritten gegenüber bestehenden Amtspflicht voraus. Grundsätzlich nimmt die Gemeinde ihre Planungsaufgaben nur im Interesse der Allgemeinheit wahr (Hoppe/Bönker/Grotefels, § 19, Rdn. 5; Rotermund/Krafft, Rdn. 441). Deshalb muss in jedem Einzelfall geprüft werden, ob die konkrete Norm, deren Verletzung zur Rechtswidrigkeit des Bebauungsplans führt, drittschützende Wirkung entfaltet (Vgl. allgemein zum Drittbezug bauplanungsrechtlicher Amtspflichten Jochum, S. 33 ff.; MüKo-Papier, § 839 BGB, Rdn. 262 ff.; Hebeler, VerwArch 2007, 136 ff). Entscheidend ist, ob die verletzte Norm nicht nur den Schutz der Allgemeinheit bezweckt, sondern (zumindest auch) den Zweck hat, die Interessen des Geschädigten zu schützen.
Verfahrensvorschriften, deren Zweck es ist, ein geordnetes Verfahren sicherzustellen, sind regelmäßig nicht dazu bestimmt, die Interessen des Einzelnen zu schützen (Hoppe/Bönker/Grotefels, § 19, Rdn. 5). Demgemäß hat die Rechtsprechung für das in § 8 Abs. 2 BauGB enthaltene Gebot, den Bebauungsplan aus dem Flächennutzungsplan zu entwickeln („Entwicklungsgebot“), eine drittschützende Funktion verneint, weil es nur eine geordnete städtebauliche Entwicklung, nicht aber den Schutz des planbetroffenen Bürgers bezweckt (BGHZ 84, 292; Hoppenberg/de Witt-de Witt/Krohn, M, Rdn. 309). Auch die Pflicht der Gemeinde, den beschlossenen Bebauungsplan gem. § 10 Abs. 3 BauGB ortsüblich bekanntzumachen, besteht lediglich gegenüber der Allgemeinheit, nicht aber gegenüber bestimmten „Dritten“ (BGH NJW 1990, 245, 246 (Pflicht zur Kennzeichnung kontaminierter Flächen); a. A. MüKo-Papier, § 839 BGB, Rdn. 263). Keinen Drittbezug weisen auch die Verpflichtung der Gemeinde zur Bekanntmachung der Planentwürfe gem. § 3 BauGB (BGH v. 27. 9. 1990 – III ZR 67/89 = BGHR BGB 839 I 1 Dritter 32) und die Kennzeichnungspflicht gem. § 9 Abs. 5 BauGB (Vgl. BGH NJW 1991, 2701, 2702; Hebeler, VerwArch 2007, 136, 140 f.; a. A. Beyer, NWVBl 2004, 48, 53) auf.
Das Abwägungsgebot nach § 1 Abs. 7 BauGB entfaltet insoweit partiell drittschützende Wirkung, als die Gemeinde verpflichtet ist, private Belange einzelner Planbetroffener in die Planabwägung einzustellen.
Abwägungserhebliche Privatbelange sind insbesondere das Eigentum im Planbereich (Vgl. Schlichter/Stich/Driehaus/Paetow, § 1 BauGB, Rdn. 58; Battis/Krautzberger/Löhr, § 1 BauGB, Rdn. 101, 123 ff.; Hoppenberg/de Witt-de Witt/Krohn, M, Rdn. 311) sowie die gesunden und sicheren Wohn- und Arbeitsverhältnisse (BGHZ 106, 323; BGHZ 109, 380; vgl. auch LG Dortmund, NVwZ 1987, 835).
Ein Verstoß gegen das Abwägungsgebot liegt vor, wenn abwägungserhebliche private Belange nicht ausreichend ermittelt, zusammengestellt und in den Abwägungsvorgang eingebracht worden sind oder wenn die Abwägung selbst im Hinblick auf den Abwägungsvorgang bzw. das Abwägungsergebnis mit Fehlern behaftet ist, die zur Unwirksamkeit (Durch das EAG Bau wurde die Unterscheidung zwischen Nichtigkeit und Unwirksamkeit des Bebauungsplans aufgegeben, vgl. Stüer, Der Bebauungsplan, Rdn. 544; dies zeigt sich auch im ebenfalls durch das EAG Bau novellierten § 47 Abs. 5 S. 2 VwGO, wonach eine ungültige Norm im Rahmen eines Normenkontrollverfahrens nunmehr nicht mehr für nichtig, sondern für unwirksam erklärt wird. Die in der Literatur verwendete Terminologie ist uneinheitlich. Im Folgenden wird der Begriff der Unwirksamkeit gebraucht, der die dauerhafte Unwirksamkeit (Nichtigkeit), die Unwirksamkeit bis zur Behebung eines Mangels (durch § 214 Abs. 4 BauGB) sowie die vorübergehende Unwirksamkeit einer Norm aufgrund eines Mangels, der jedoch bei unterlassener Geltendmachung durch Zeitablauf unbeachtlich werden kann (§ 215 BauGB), umfasst) des Bebauungsplans führen (Vgl. BGHZ 92, 34; zu den Anforderungen des Abwägungsgebotes allgemein Schlichter/Stich/Driehaus/Paetow, § 1 BauGB, Rdn. 78 ff.; Battis/Krautzberger/Löhr, § 1 BauGB, Rdn. 96 ff.; zur Drittbezogenheit des Abwägungsgebotes Hoppe/Bönker/Grotefels, § 19, Rdn. 23 ff).
Für die Entscheidungen des Gemeinderats gilt ein objektivierter Sorgfaltsmaßstab. Es kommt nicht auf die individuellen Kenntnisse des einzelnen Gemeinderatsmitglieds an, sondern darauf, welche Kenntnisse und Fähigkeiten das Amt und die damit verbundenen Aufgaben voraussetzen (Vgl. dazu Rohlfing, NdsVBl 2008, 57, 58). Die Mitglieder von Ratsgremien müssen sich auf ihre Entschließungen sorgfältig vorbereiten und bei Fehlen eigener Sachkunde sachverständigen Rat einholen. Sofern die eigene Verwaltung nicht über die erforderlichen Kenntnisse verfügt, ist notfalls ein außerhalb der Verwaltung stehender Sachverständiger beizuziehen (Brüning, Rdn. 84). Dies kann insbesondere dann erforderlich sein, wenn der Gemeinderat beabsichtigt, von den Empfehlungen mehrerer Fachbehörden abzuweichen (Boujong, WiVerw 1991, 59, 69).
Ein Amtshaftungsanspruch entfällt grundsätzlich gem. § 839 Abs. 3 BGB, wenn es der Betroffene schuldhaft unterlässt, den Schaden durch den Gebrauch eines Rechtsmittels abzuwenden. Ob der Bauwerber deshalb gehalten ist, den Bebauungsplan im Wege der Normenkontrolle gemäß § 47 VwGO anzugreifen, lässt sich nicht generell beantworten. Richtigerweise dürfte dies nur dann zumutbar sein, wenn greifbare Anhaltspunkte für die Unwirksamkeit des Plans bestehen (Boujong, WiVerw 1991, 59, 72).
Veräußert ein Eigentümer sein Grundstück, das im Bebauungsplan als Grünfläche festgesetzt ist, zu einem entsprechend niedrigen Preis und stellt sich später heraus, dass der Bebauungsplan unwirksam und das Grundstück nach § 34 BauGB bebaubar war, so sind Amtshaftungsansprüche des Verkäufers gegen die Gemeinde denkbar. Allerdings muss der geschädigte Verkäufer wegen § 839 Abs. 1 Satz 2 BGB zunächst versuchen, seine zivilrechtlichen Ansprüche gegen den Käufer auf Ausgleichszahlungen oder auf Rückgängigmachung des Geschäfts unter dem Gesichtspunkt des Wegfalls der Geschäftsgrundlage, § 313 BGB, durchzusetzen (Boujong, WiVerw 1991, 59, 76 f).
Erwirbt der Käufer ein Grundstück im Vertrauen auf die Gültigkeit des Bebauungsplans zum Baulandpreis und stellt sich später heraus, dass der Bebauungsplan unwirksam und das Grundstück gem. §§ 34, 35 BauGB nicht bebaubar ist, so kommen auch hier bei Verletzung einer drittgerichteten Amtspflicht Amtshaftungsansprüche in Betracht. Allerdings muss der Käufer wegen § 839 Abs. 1 Satz 2 BGB zunächst gegen den Verkäufer Gewährleistungsansprüche oder Ansprüche wegen Wegfalls der Geschäftsgrundlage geltend machen (Boujong, WiVerw 1991, 59, S. 77). Solche Ansprüche bestehen allerdings regelmäßig nicht, da in der Praxis die Gewähr für die Bebaubarkeit zumeist ausgeschlossen wird.
Trifft ein Betroffener im schutzwürdigen Vertrauen auf die Wirksamkeit des (unerkannt unwirksamen) Bebauungsplans Vermögensdispositionen, so können diese in bestimmten Konstellationen einen ersatzfähigen Schaden darstellen (Boujong, WiVerw 1991, 59, 62).
Der Bauwerber wird häufig den Ersatz fehlgeschlagener Aufwendungen (z. B. Architektenhonorar, Baugrunduntersuchung) verlangen. Eine allgemeine Amtspflicht, den Bürger vor wertlosen Aufwendungen im Hinblick auf einen unwirksamen Bebauungsplan zu bewahren, gibt es jedoch nicht (Vgl. Boujong, WiVerw 1991, 59, 67; Staudinger-Wurm, § 839 BGB, Rdn. 550). Eine drittbezogene Amtspflicht wird von der Rechtsprechung vielmehr allenfalls in den Fällen angenommen, in denen die Behörde von vornherein zur Berücksichtigung konkreter Sonderinteressen verpflichtet war (BGHZ 84, 292).
Der Gesetzgeber hat dem Grundsatz der Planerhaltung durch mehrere Änderungen der Unbeachtlichkeitsklauseln der §§ 214, 215 BauGB sehr große Bedeutung verschafft (Weiterführend hierzu Hoppe/Henke, DVBl. 1997, 1407). Nach § 214 Abs. 4 BauGB können Flächennutzungsplan und Bebauungsplan durch ein ergänzendes Verfahren (Vgl. hierzu Battis/Krautzberger/Löhr, § 214, Rdn. 23 ff) zur Behebung insbesondere von Form- und Verfahrensfehlern auch rückwirkend in Kraft gesetzt werden. Im Ergebnis kommt damit eine Unwirksamkeit von Bebauungsplänen außer bei „Altfällen“ im Wesentlichen nur bei Fallgestaltungen in Betracht, in denen es die Gemeinde versäumt, von ihren Heilungsmöglichkeiten Gebrauch zu machen, oder wenn es sich um Fehler handelt, die auch im ergänzenden Verfahren nicht behoben werden können.
Ein derartiger unbehebbarer Mangel liegt vor, wenn dem Vorhaben Belange entgegenstehen, die im Wege der Abwägung nicht überwunden werden können. Ebenso scheidet ein ergänzendes Verfahren aus, wenn durch den Fehler die Gesamtkonzeption der Planung betroffen ist (Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautzberger, § 214, Rdn. 219).
Trotz dieser Möglichkeit zur rückwirkenden Heilung von Bauleitplänen entfallen aber weder die Amtspflichtwidrigkeit noch die sich daraus ergebenden Amtshaftungsansprüche (Krohn/de Witt, NVwZ 2005, 1387, 1388; a. A. LG Oldenburg, NVwZ 2005, 1457, 1458 f. (wegen Fehlens einer Vertrauensgrundlage). Denn die Rückwirkung vermag einmal getätigte Vermögensdispositionen nicht ungeschehen zu machen. Der Grundsatz der Planerhaltung hat daher auf Amtshaftungsansprüche regelmäßig keine Auswirkungen (Vgl. aber BVerwG NVwZ 2008, 815 zum Einwand des rechtmäßigen Alternativverhaltens mit Anm v. Haaß, NJW-Spezial 2008, 396).
Ist auf der Grundlage eines rechtswidrigen Bebauungsplans eine – ebenfalls rechtswidrige – Baugenehmigung erlassen worden, beseitigt dies nicht die Kausalität zwischen fehlgeschlagener Bauinvestition und rechtswidrigem Bebauungsplan im Sinne einer überholenden Kausalität. Vielmehr bestehen die Amtshaftungsansprüche wegen des rechtswidrigen Bebauungsplans und wegen der rechtswidrigen Baugenehmigung selbständig nebeneinander (Staudinger-Wurm, § 839 BGB, Rdn. 552; Boujong, WiVerw 1991, 59, 94).
Das Zivilgericht kann die Rechtmäßigkeit der Satzung grundsätzlich in vollem Umfang nachprüfen; lediglich die Feststellung der Unwirksamkeit der Satzung mit Wirkung inter omnes ist ihm verwehrt (Boujong, WiVerw 1991, 59, 62; Schlichter/Stich/Driehaus/Paetow, § 10 BauGB, Rdn. 64). Wurde der Bebauungsplan bereits in einem vorangegangenen Normenkontrollverfahren für unwirksam erklärt, so ist das Zivilgericht an diese Entscheidung gebunden (Vgl. RGRK-Kreft, § 839 BGB, Rdn. 579; BGH NJW 1994, 1950). Ist umgekehrt ein Normenkontrollantrag bereits rechtskräftig als unbegründet abgewiesen worden, so bindet auch diese Entscheidung das Zivilgericht (Boujong, WiVerw 1991, 59, 62).
Eine Gemeinde trifft grundsätzlich keine Pflicht, einen bestimmten Bebauungsplan zu erlassen. Auch einen vorhabenbezogenen Bebauungsplan muss die Gemeinde selbst bei weit fortgeschrittener Projektentwicklung nicht erlassen, solange sie sich bei der Entscheidung gegen den Erlass des Bebauungsplans im Rahmen ihres gesetzlich zustehenden Planungsermessens bewegt; dabei ist auch die auf einer Änderung der politischen Verhältnisse im Gemeinderat beruhende Neubewertung der Auswirkungen eines Vorhabens rechtsmäßiger Bestandteil des Planungsermessens (BGH NVwZ 2006, 1207, 1208; LG Wuppertal, Urt. v. 05.05.2006, Az.: 16 O 185/05; vgl. hierzu auch Staudinger-Wurm, § 839 BGB, Rdn. 138 f). Aufwendungen, die ein Projektentwickler im Vertrauen auf den – letztlich unterbliebenen – Erlass eines Vorhaben- und Erschließungsplans tätigt, sind daher regelmäßig nicht ersatzfähig.
Dies gilt nur dann nicht, wenn zwischen Gemeinde und Vorhabensträger ein Durchführungsvertrag gemäß § 12 Abs. 1 Satz 1 BauGB geschlossen wurde. Dann kann die Gemeinde wegen der Verletzung von Pflichten aus diesem öffentlich-rechtlichen Vertrag haften (Schlick, DVBl 2007, 457, 459).
Da Gemeinden keine Amtspflicht zum Erlass eines Bebauungsplans haben, haften sie auch nicht für den verzögerten Erlass eines Bebauungsplans. Aus dem gleichen Grund haften sie auch nicht für Verzögerungen aufgrund des bei der Bauleitplanung umzusetzenden Verfahrens sowie der Entschließungen der öffentlichen Planungsträger unter dem Gesichtspunkt des Verschuldens bei Vertragsverhandlungen (Brandenburgisches OLG, Urt. v. 10.02.2010, Az. 1 U 36/08).
Besondere Probleme ergeben sich, wenn die im Bebauungsplan ausgewiesenen Flächen unerkannt vorbelastet sind, etwa durch Altlasten, Bergschäden oder Überschwemmungsgefahren, und diese Vorbelastung die im Bebauungsplan vorgesehene Nutzung unmöglich macht; (Überblick zur Entwicklung des Altlasten- und Bodenschutzrechts bei Kügel, NJW 2004, 1570 ff) ist dagegen das Grundstück trotz der Gefahren (im konkreten Fall ansteigendes Grund- oder Qualmwasser) – wenn auch mit vom Bauherrn zu tragenden Mehraufwendungen – ohne Gesundheitsgefahren für die Nutzer bebau- und nutzbar, ist die planerische Ausweisung als solche nicht rechts- und damit auch nicht amtspflichtwidrig (OLG Schleswig, Urt. v. 30.03.2010, Az. 11 U 155/08).
Die sog. Altlastenfälle betreffen dabei die Amtshaftung von Gemeinden, die in einem Bebauungsplan ein mit gesundheitsschädlichen Altlasten kontaminiertes Gelände als Bauland ausgewiesen haben (Zur Amtshaftung wegen einer rechtswidrigen immissionsschutz- oder abfallrechtlichen Genehmigung BGH ZUR 2010, 257).
Der BGH hat in einer Reihe von Entscheidungen (BGH NJW 1989, 976 (Bielefeld 1) = BGHZ 106, 323; BGH NJW 1990, 381 (Osnabrück) = BGHZ 108, 224; BGH NJW 1990, 1038 (Dortmund-Dorstfeld) = BGHZ 109, 380; BGH NJW 1990, 1042 = BGHZ 110, 1; BGH NJW 1991, 2701 (Dinslaken) = BGHZ 113, 367; BGH NJW 1992, 431 = BGHZ 116, 215; BGH NJW 1992, 1953 (Bielefeld 2) = BGHZ 117, 363; BGH NJW 1993, 384 (Siegburg - Bestätigung von OLG Köln, NJW 1991, 2710); BGH NJW 1993, 933 (Rosengarten) = BGHZ 121, 65; BGH DVBl. 1993, 1091; BGH NJW 1994, 253 (Mühlheim/Main) = BGHZ 123, 363; BGH NVwZ 1994, 91; BGH NVwZ 1998, 318 (Osnabrück); BGH NVwZ 2003, 1285 (Bad Nauheim)) die Amtspflichten der Gemeinden bei der Bauleitplanung hinsichtlich der Berücksichtigung von Altlasten präzisiert. Er bejaht eine Haftung der Gemeinde im Grundsatz, wenn diese bei der Planaufstellung die an gesunde Wohn- und Arbeitsverhältnisse zu stellenden Anforderungen gem. § 1 Abs. 6 Nr. 1 BauGB nicht mit der gebotenen Sorgfalt ermittelt und nicht mit dem ihnen zukommenden Gewicht bei der Aufstellung des Bebauungsplans berücksichtigt hat (BGH NJW 1989, 976, 977). Diese Rechtsprechung ist im Schrifttum überwiegend auf Zustimmung gestoßen (Vgl. zur Altlastenrechtsprechung des BGH: Boujong, WiVerw 1991, 59; Gaentzsch, NVwZ 1990, 505; Giesberts, DB 1996, 361; Krohn, in: Festschrift für Gelzer, S. 281; Leinemann, NVwZ 1992, 146; Mader, BayVBl. 1999, 168, 172 f.; Ossenbühl, DÖV 1992, 761; Pape, NJW 1994, 409; Papier, DVBl. 1989, 504, 508; Rehbinder, JuS 1989, 885; Raeschke-Kessler, DVBl. 1992, 683; Raeschke-Kessler, NJW 1993, 2275; Schink, NJW 1990, 351; Stich, DVBl. 2001, 409; Wurm, UPR 1990, 201; kritisch Hebeler, VerwArch 2007, 136, 154).
In mehreren Entscheidungen zeichnet sich allerdings die Tendenz ab, die Sorgfaltsanforderungen an die Gemeinden nicht allzu hoch anzusetzen. Der BGH betont, dass die Gemeinden keiner Gefährdungshaftung unterliegen und „keine uferlose Überprüfung des zu bebauenden Areals gleichsam ins Blaue hinein“ schulden (BGH NJW 1991, 2701, 2702; BGH NJW 1994, 253, 255; Staudinger-Wurm, § 839 BGB, Rdn. 558; Rotermund/Krafft, Rdn. 462).
Weiterführende Informationen zu den konkreten Anforderungen an die Ermittlungspflicht der Gemeinde enthält der „Mustererlass zur Berücksichtigung von Flächen mit Bodenbelastungen, insbesondere Altlasten, bei der Bauleitplanung und im Baugenehmigungsverfahren“ der Fachkommission „Städtebau“ der ARGEBAU (Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautzberger – Krautzberger, § 1 a BauGB, Rdn. 58).
Die Amtsträger der Gemeinde haben die Pflicht, bei der Aufstellung eines Bebauungsplans Gesundheitsgefahren zu verhindern, die den künftigen Bewohnern des Plangebietes aus dessen Bodenbeschaffenheit drohen und die vom Bauherrn nicht vorhersehbar und beherrschbar sind (Vgl. BGH NJW 1989, 976; BGH NJW 1990, 381; BGH NJW 1990, 1042; Maunz/Dürig-Papier, Art. 34 GG, Rdn. 205). Die Gemeinde ist verpflichtet, mögliche Gefährdungen bereits im Stadium der Planung und nicht erst bei der Prüfung der bauordnungsrechtlichen Zulässigkeit der einzelnen Vorhaben zu ermitteln (Boujong, WiVerw 1991, 59, 82; Hoppe/Bönker/Grotefels, § 19, Rdn. 7, Stüer, Bau- und Fachplanungsrecht, Rdn. 1353).
Eine Verletzung der Amtspflicht, hinreichende Ermittlungen anzustellen, setzt voraus, dass der Gemeinde im Zeitpunkt der Beschlussfassung die Gefahrenpotentiale bekannt waren oder bekannt gewesen sein mussten (BGH NJW 1989, 976, 977). Ergibt sich der Verdacht einer Kontaminierung mit Altlasten hingegen erst nach Inkrafttreten des Bebauungsplans, ist die Gemeinde nach der Rechtsprechung zu einer nachträglichen Kennzeichnung des Bebauungsplans nicht mehr verpflichtet; diese Rechtsprechung ist allerdings wegen der Amtspflicht zur Rückgängigmachung rechtswidriger Maßnahmen sehr zweifelhaft (OLG Oldenburg NJW 2004, 1395 f).
Welche Umstände der Gemeinde bei der Beschlussfassung über den Bebauungsplan bekannt waren, ist Beweisfrage (Giesberts, DB 1996, 361, 362). Von einer positiven Kenntnis der Gemeinde ist jedenfalls dann auszugehen, wenn ihr bekannt war, dass sich auf dem überplanten Gelände eine Deponie befunden hatte, die sie selbst zur Ablagerung von Industrieabfällen benutzt hatte und die von einem weiteren privaten Betreiber noch während des Planungsverfahrens benutzt worden war (BGH NJW 1989, 976, 977). Kenntnis ist auch dann anzunehmen, wenn gegen die Gemeinde wegen der durch Müllablagerungen verursachten Grundwasserverunreinigung bereits ein Prozess geführt worden war (BGH NJW 1989, 976, 977) oder wenn sich aus ihren Akten und den Wahrnehmungen ihrer Bediensteten Hinweise auf Bodenverunreinigungen ergeben (BGH NJW 1990, 1038, 1039). Die Gemeinde haftet auch, wenn die Bodenverunreinigung behördlicherseits zwar aktenkundig war, die an der Planung beteiligten Amtsträger aber in Unkenntnis dieser Umstände subjektiv nach bestem Wissen gehandelt haben. Die Gemeinde trifft insoweit ein Organisationsverschulden, weil das „Aktenwissen“ den Entscheidungsträgern nicht bekannt war (BGH NJW 1991, 2701, 2702).
Nicht eindeutig geklärt ist, wann von einem „Kennenmüssen“ des Gefahrenpotentials auszugehen ist. Der BGH hat den hier einzuhaltenden Sorgfaltsmaßstab wie folgt definiert: (BGH NJW 1994, 253, 254; BGH NJW 1991, 2701, 2702) Die Gemeinde unterliegt keiner Gefährdungshaftung für unerkennbare Schadstoffbelastungen. Sie schuldet auch keine uferlose Überprüfung des zu überplanenden Areals gleichsam „ins Blaue hinein“. Was die planende Stelle nicht „sieht“ und was sie nach den ihr zur Verfügung stehenden Erkenntnisquellen auch nicht zu „sehen“ braucht, kann und muss von ihr nicht berücksichtigt werden. Sie hat aber die Pflicht zur ordnungsgemäßen Zusammenstellung des Abwägungsmaterials, sodass sie Erkundigungen über die frühere Nutzung des Grundstücks einholen muss (Hoppe/Bönker/Grotefels, § 19, Rdn. 8).
Erst wenn tatsächliche Anhaltspunkte oder Erkenntnisse für einen Altlastenverdacht bestehen, setzt die Nachforschungspflicht ein (Boujong, WiVerw 1991, 59, 83; Schink, NJW 1990, 351, 353). Damit trifft die Gemeinde keine „Pflicht zur systematischen Erkundung“ (Schink, NJW 1990, 351, 353; a. A. Giesberts, DB 1996, 361, 362, der davon ausgeht, dass die planende Behörde zur intensiven und vollständigen Aufklärung der Gefahr- und Risikopotentiale verpflichtet ist und deshalb „jeder Spur“ nachgehen muss).
Die frühere Nutzung des Geländes begründet nicht automatisch einen Gefahrenverdacht. Es ist danach zu unterscheiden, ob die Fläche vormals als Altdeponie oder als Industriestandort genutzt worden ist (Ossenbühl, DÖV 1992, 761, 764; Bergmann/Schumacher, Rdn. 1190). Nur bei einer Altdeponie besteht von vornherein ein Gefahrenverdacht (Ossenbühl, DÖV 1992, 761, 764). Demgegenüber rechtfertigt eine frühere industrielle Nutzung nicht den Rückschluss auf das potentielle Vorliegen einer Bodenkontamination (Vgl. OVG Münster NuR 1988, 93). Bestehen bezüglich eines früheren Industriegeländes nur vage Vermutungen, beispielsweise weil hier unter Umständen mit nicht näher bekannten umweltgefährdenden Stoffen umgegangen worden ist, so lässt sich daraus noch keine Nachforschungspflicht der Gemeinde ableiten (Schink, NJW 1990, 351, 353). Der BGH hat in diesem Zusammenhang bekräftigt, dass nicht jedes Industriegelände, dessen Nutzung schon Jahrzehnte zurückliegt, von vornherein als altlastenverdächtig einzustufen ist (BGH NJW 1994, 253, 254; BGH NJW 1993, 2615, 2616).
Tatsächliche Anhaltspunkte für einen Altlastenverdacht liegen etwa dann vor, wenn die Fläche in ein Altlastenkataster aufgenommen worden ist oder wenn von Trägern öffentlicher Belange oder von Bürgen im Rahmen des Planaufstellungsverfahrens Tatsachen für einen Altlastenverdacht vorgetragen worden sind (Schink, NJW 1990, 351, 353).
Sofern konkrete Anhaltspunkte für einen Altlastenverdacht vorliegen, ist die Gemeinde verpflichtet, Art und Ausmaß der Gefahr nachzugehen und diese zu bewerten (Schink, NJW 1990, 351, 353; Stein/Itzel/Schwall, Rdn. 571). Sie hat zu prüfen, ob im konkreten Fall Kontaminierungen durch gesundheitsgefährdende Stoffe vorliegen. Hierzu sind Erkundigungen über bereits erstellte Boden- und Grundwasseruntersuchungen einzuholen und diese zu überprüfen (Giesberts, DB 1996, 361, 364). Diese Prüfungspflicht geht um so weiter, je mehr die Vorbenutzung die Möglichkeit einer gefährlichen Bodenverunreinigung nahelegt (BGH NJW 1989, 976, 977). Erforderlichenfalls muss die Gemeinde Fachbehörden oder Sachverständige beiziehen, um das Gefahrenpotential aufzuklären (Boujong, WiVerw 1991, 59, 83). Das der für den Bodenschutz zuständigen Behörde gem. § 9 Abs. 1 Satz 1 BBodSchG eingeräumte Ermessen, ob und welche Maßnahmen zur Aufklärung eines Altlastenverdachts eingeleitet werden, steht der bauleitplanenden Gemeinde nicht zu Gebote (Bihler/Koch/Mücke/Weindl, Rdn. 1211).
Der BGH leitet den Drittbezug der Amtspflicht in Altlastenfällen unmittelbar aus den Planungsleitlinien des § 1 Abs. 6 Nr. 1 BauGB ab (Kritisch hierzu Hebeler, VerwArch 2007, 136, 152 ff.; Fischer, ZfIR 2002, 268, 270 ff). Das Gebot, die „allgemeinen Anforderungen an gesunde Wohn- und Arbeitsverhältnisse“ zu berücksichtigen, dient auch den Individualinteressen der Betroffenen (BGH NJW 1989, 976, 978). Die Ausnahme von dem Grundsatz, dass die Planung nur der Allgemeinheit zu dienen bestimmt ist, rechtfertigt sich durch die überragende Bedeutung der Rechtsgüter von Leben und Gesundheit (BGH NJW 1990, 1038, 1040).
Damit ergibt sich zugleich die Eingrenzung des Kreises der geschützten Dritten: Personen, bei denen eine Gefährdung für Leben und Gesundheit nicht besteht und die auch nicht die Verantwortung dafür tragen, dass die von ihnen errichteten Gebäude frei von Gesundheitsgefahren sind, fallen nicht in den Schutzbereich der Amtspflicht.
Geschütze Dritte sind objektbezogen alle Eigentümer und dinglich Nutzungsberechtigten an den im Plangebiet liegenden Grundstücken, soweit sie die Absicht haben, diese zu bebauen (BGH NJW 1990, 381, 383). Geschützt sind auch Bauträger, die ein Grundstück im Bereich des Bebauungsplans erwerben, um es zu bebauen und weiter zu veräußern, da sie den späteren Käufern gegenüber haftbar werden können (BGH NJW 1990, 381, 383; BGH NVwZ 1998, 318, 319).
Zu dem geschützten Personenkreis zählen auch zukünftige Ersterwerber, die das Grundstück erst nach der Aufstellung des Bebauungsplans kaufen (BGH NJW 1989, 976, 978). Offengelassen hat der BGH die Frage, ob auch weitere Nach-erwerber als geschützte Dritte zu beurteilen sind. Dies wird man bejahen können, da ein Bebauungsplan in erster Linie grundstücksbezogene Wirkungen entfaltet, unabhängig davon, wer im Zeitpunkt eines schädigenden Ereignisses gerade Eigentümer ist (Vgl. OLG Hamm NVwZ 1988, 762, 764; Hoppe/Bönker/Grotefels, § 19, Rdn. 13; Raeschke-Kessler, NJW 1993, 2275, 2277; Boujong, WiVerw 1991, 59, 88; Wurm, UPR 1990, 201; Staudinger-Wurm, § 839 BGB, Rdn. 557; Hebeler, VerwArch 2007, 136, 155 f).
Höchstrichterlich ebenfalls noch nicht entschieden ist die Frage, ob lediglich obligatorisch Berechtigte geschützte Dritte sein können. Dafür spricht, dass § 1 Abs. 6 Nr. 1 BauGB auf die Sicherheit und Gesundheit der Wohnbevölkerung (und damit nicht nur auf dinglich Berechtigte) abstellt (Hoppe/Bönker/Grotefels, § 19, Rdn. 15; Giesberts, DB 1996, 361, 364; Hebeler, VerwArch 2007, 136, 155). Wenn folglich der Mieter eines Anwesens durch Altlasten in seiner Gesundheit geschädigt wird, ist der ihm entstandene Schaden grundsätzlich ersatzfähig; ausgenommen sind aber weitergehende Vermögensschäden, wie z. B. Aufwendungen für einen Umzug oder die höhere Miete für eine vergleichbare Ersatzwohnung (Vgl. hierzu Leinemann, NVwZ 1992, 146). Eine Amtshaftungsklage des Mieters wird jedoch in den meisten Fällen daran scheitern, dass er nach § 536a Abs. 1 BGB Schadensersatz von seinem Vermieter fordern kann und damit eine anderweitige Ersatzmöglichkeit nach § 839 Abs. 1 Satz 2 BGB besteht (Leinemann, NVwZ 1992, 146, 148). Möglicherweise kann jedoch der Vermieter den ihm hierdurch entstehenden Schaden im Wege der Amtshaftungsklage geltend machen (Leinemann, NVwZ 1992, 146, 148).
Unter Umständen können auch rein faktische Nutzer, also beispielsweise Arbeitnehmer, Krankenhauspatienten oder Schulbesucher zu dem Kreis der geschützten Personen zählen, wenn und soweit sie aufgrund ihres regelmäßigen Aufenthalts Gesundheitsgefahren ausgesetzt werden (Vgl. Hoppe/Bönker/Grotefels, § 19, Rdn. 14; Staudinger-Wurm, § 839 BGB, Rdn. 557). Regelmäßig wird aber auch hier ein anderweitiger Ersatzanspruch i. S. v. § 839 Abs. 1 Satz 2 BGB gegen den Eigentümer oder Besitzer des Grundstücks bestehen.
Geschützte Dritte sind auch Gewerbetreibende, die auf dem kontaminierten Gelände gewerbliche Bauten errichtet haben oder errichten wollen. Die Amtspflicht zur Gewährleistung gesunder Arbeitsverhältnisse und der Sicherheit der Arbeitsbevölkerung nach § 1 Abs. 6 Nr. 1 BauGB besteht nicht nur gegenüber den Arbeitnehmern, die möglichen Gesundheitsgefahren unmittelbar ausgesetzt wären, sondern auch gegenüber dem Arbeitgeber, der nach § 618 BGB verpflichtet ist, die Arbeitsräume von Gesundheitsgefahren freizuhalten (BGH NJW 1993, 384, 385; Hoppenberg/de Witt-de Witt/Krohn, M, Rdn. 350).
Nicht zum Kreis der geschützten „Dritten“ zählen diejenigen Grundstückseigentümer, die bei Erlass des Bebauungsplans ihr Grundstück bereits bebaut hatten und eine weitere Bebauung nicht beabsichtigen. Für sie kann ein fehlerhafter Bebauungsplan nicht zur Schadensursache werden, da sie keine Dispositionen im Vertrauen auf die Rechtmäßigkeit des Bebauungsplans getroffen haben (BGH NJW 1993, 384).
Ein Bauträger, der positive Kenntnis von der Belastung des Grundstücks erlangt, dieses aber trotzdem kauft und Wohngebäude errichtet, sowie Grundstücksgeschäfte mit Ersterwerbern abschließt, hat kein schutzwürdiges Vertrauen in die Rechtmäßigkeit des Bebauungsplans; er kann daher nicht als Dritter i. S. v. § 839 Abs. 1 Satz 1 BGB angesehen werden. Die Amtspflicht der Gemeinde, bei der Aufstellung von Bebauungsplänen Gesundheitsgefahren zu verhindern, hat nicht den Schutzzweck, Bauträger vor den wirtschaftlich nachteiligen Folgen von Grundstücksgeschäften zu bewahren (BGH NJW 1992, 1953, 1955). Ein Bauträger muss sich vielmehr zivilrechtlich gegenüber dem Verkäufer des kontaminierten Grundstücks absichern. Unterlässt er dies, so hat er die wirtschaftlichen Konsequenzen der Kontaminierung des Grundstücks selbst zu tragen.
Nicht geschützt ist, wer als Kreditgeber wirtschaftliche Interessen an der Werterhaltung des Grundstücks hat. Hierzu gehören beispielsweise Banken als Inhaber von Grundschulden, die deshalb nicht mehr werthaltig sind, weil der Verkehrswert des Grundstücks aufgrund der erkannten Kontaminierung gesunken ist (BGH NJW 1990, 381, 383).
Nachbarn von kontaminierten Grundstücken, deren eigenes Anwesen altlastenfrei ist, sind keine geschützten Dritten (Vgl. BGH NJW 1990, 1042, 1044; BGHZ 108, 224, 229). Der Eigentümer eines altlastenfreien Grundstücks, der einen Schaden dadurch erleidet, dass sein Grundstück aufgrund der Kontaminierung eines Nachbargrundstücks geringere Wohnqualität hat und deshalb an Wert verliert, zählt nicht zum geschützten Personenkreis. Der so entstehende Wertverlust als reiner Vermögensschaden ist nicht vom Schutzbereich der Amtspflicht umfasst (BGH NJW 1990, 1038; Rotermund/Krafft, Rdn. 470).
Der Betroffene ist nicht absolut, d.h. in jeder Hinsicht geschützt, sondern nur so weit der sachliche Schutzbereich der verletzten Amtspflicht reicht (Vgl. RGRK-Kreft, §.839 BGB, Rdn. 246).
Vom Schutzzweck der Amtspflicht umfasst sind nach der Rechtsprechung nur solche Schäden, die eine unmittelbare Beziehung zu der Gesundheitsgefährdung aufweisen. Das ist der Fall, wenn der Schaden dadurch verursacht worden ist, dass die vom Boden ausgehenden Gefahren zum völligen Ausschluss der Nutzungsmöglichkeit der errichteten oder noch zu errichtenden Wohngebäude führen (BGH NJW 1990, 1038; BGH NJW 1993, 933; vgl. dazu auch Rotermund/Krafft, Rdn. 476).
Die unmittelbar durch die Kontaminierung entstandenen Gesundheitsschäden der Wohn- und Arbeitsbevölkerung fallen ohne Weiteres in den Schutzbereich der Amtspflicht; Vermögensschäden, die als Folge von Gesundheitsschäden entstehen, sind ebenfalls ersatzfähig. Hierzu zählen Heilungskosten, Erwerbsausfallschäden und Rechtsverfolgungskosten (Vgl. BGH NJW 1992, 1230; Giesberts, DB 1996, 361, 364; zum Ersatz von Rechtsanwaltskosten im Verwaltungsverfahren vgl. BGH UPR 2006, 188 ff).
Nach der Rechtsprechung des BGH schützt die hier erörterte Amtspflicht auch gegen Vermögensverluste, die Grundstückseigentümer, Erwerber und Bauherren dadurch erleiden, dass sie im Vertrauen auf eine ordnungsgemäße gemeindliche Planungsentscheidung Wohnungen errichten oder kaufen, die nicht bewohnbar sind. Denn im Hinblick auf Gefahren, die vom Bauherrn nicht vorhersehbar und beherrschbar sind, bietet ihm der Bebauungsplan grundsätzlich eine „Verlässlichkeitsgrundlage“ für seine finanziellen Dispositionen (BGH NJW 1989, 976, 979; BGH NJW 1992, 1953, 1955; BGH NJW 1993, 933. Vgl. zum „Vertrauenstatbestand“ als Kriterium der Drittbezogenheit grundlegend de Witt/Burmeister, NVwZ 1992, 1039; Krohn, in: Festschrift für Boujong, S. 573; vgl. auch Bömer, NVwZ 1996, 749; Staudinger-Wurm, § 839 BGB, Rdn. 559 ff).
Ein entsprechender Schadensersatzanspruch setzt allerdings voraus, dass der Geschädigte seine Vermögensdispositionen in schutzwürdigem Vertrauen auf diese Verlässlichkeitsgrundlage getätigt hat (BGH NJW 1992, 1953, 1955). Einen Amtshaftungsanspruch begründet nicht bereits das pflichtwidrige Verhalten der Behörde als solches, sondern erst das durch dieses veranlasste eigene Verhalten des Betroffenen (Vgl. de Witt/Burmeister, NVwZ 1992, 1039). Schutzwürdiges Vertrauen genießt jedoch nicht mehr ein Bauträger, der positive Kenntnis von der Belastung des Geländes erlangt hat, sich über die bestehenden Bedenken gegen die Bebaubarkeit hinwegsetzt und Grundstücksgeschäfte mit Erwerbern tätigt.
Auch wenn der Betroffene die Belastung kennen musste, ist ein schutzwürdiges Vertrauen zu verneinen. Ein „Kennenmüssen“ auf Seiten des Käufers ist jedenfalls dann gegeben, wenn er konkrete Anhaltspunkte für einen Altlastenverdacht hatte. Konkrete Anhaltspunkte bestehen immer, wenn die Gemeinde das Gebiet vorsorglich im Bebauungsplan gem. § 9 Abs. 5 Nr. 3 BauGB als altlastenverdächtig gekennzeichnet hat. Die Kennzeichnung kontaminierter Flächen gem. § 9 Abs. 5 Nr. 3 BauGB ist ein wesentliches Steuerungsinstrument für die mögliche Nutzung des kontaminierten Grundstücks (Koch/Schütte, DVBl. 1997, 1415, 1418). Entsprechende Anhaltspunkte können sich auch daraus ergeben, dass der Voreigentümer in einem Grundstückskaufvertrag einen ausdrücklichen Gewährleistungsausschluss für Altlasten aufgenommen hat (Ossenbühl, DÖV 1992, 761, 769).
Ist ein Gebäude wegen altlastenbedingter Gesundheitsgefahren nicht bewohnbar, so sind grundsätzlich die Kosten für den Grundstückserwerb und den Bau des Hauses, abzüglich eines etwa auf dem Grundstücksmarkt noch erzielbaren Preises, zu ersetzen. Zu ersetzen ist ferner der Nutzungsausfall, den der Betroffene zwischen Räumung des Hauses und dessen Veräußerung erleidet; dieser Schaden bemisst sich nach den fiktiven Mieteinnahmen (BGH NJW 1989, 976, 979). Der Amtshaftungsanspruch erfasst ebenso den Zinsschaden, den der Verletzte dadurch erleidet, dass er das für Wohnbebauung erworbene Grundstück aufgrund der Bodenkontamination nicht mehr bestimmungsgemäß verwerten kann (BGH NVwZ 1998, 318, 319; Hoppenberg/de Witt-de Witt/Krohn, M, Rdn. 359). Auch Mehraufwendungen, die der Geschädigte aufbringt, um mit Hilfe von Sanierungsmaßnahmen Gesundheitsgefahren zu beseitigen, sind erstattungsfähig (BGH NJW 1995, 253, 255 f.; Staudinger-Wurm, § 839 BGB, Rdn. 560).
Nicht ersatzfähig sind hingegen die Kosten für eine Bodensanierung durch Gründungs- und Bodenaustauschmaßnahmen, die nur deshalb erforderlich sind, weil sich der Untergrund mit Altlastenablagerungen als nicht ausreichend tragfähig erweist (BGH NJW 1993, 384, 385; BGH NJW 1994, 253, 256). Kosten, die sowohl für die Herstellung der Standfestigkeit als auch für die Beseitigung von Gesundheitsgefahren anfallen, sind ebenfalls nicht ersatzfähig (BGH NJW 1993, 384, 385). Die Ausweisung als Wohngebiet führt nicht zu einer Schadensersatzpflicht der Gemeinde, wenn dieses nicht für jede gärtnerische Nutzung geeignet ist (BGH NJW 1994, 253).
Vom Schutzzweck werden reine Vermögensschäden nicht erfasst, wie z. B. Mehraufwendungen des Käufers für Aushub und Abtransport von Deponiegut, das keine Gesundheitsgefahren in sich birgt (BGHZ 113, 367, 373 f).. Diese Kosten sind mit Aufwendungen vergleichbar, die bei fehlender Tragfähigkeit des Baugrunds vom Eigentümer zu übernehmen sind.
Der Geschädigte kann nicht verlangen, so gestellt zu werden, als wenn das Gelände nicht mit Schadstoffen belastet wäre. Er kann deshalb insbesondere nicht die Differenz zwischen dem vor dem Bekanntwerden der Belastung geschätzten Wert und dem verbleibenden Restwert verlangen. Zu ersetzen ist ihm nur das negative Interesse, d. h. seine fehlgeschlagenen Aufwendungen für den Grundstückserwerb, wenn das Anwesen wegen der gesundheitlichen Gefahren unbewohnbar ist (BGH NJW 1990, 381, 384; BGH NJW 1993, 933, 934; BGH NVwZ 1998, 318, 319). Dies bedeutet, dass die Zahlung eines überhöhten Kaufpreises für ein sanierungsfähiges Grundstück nicht als Schaden geltend gemacht werden kann (MüKo-Papier, § 839 BGB, Rdn. 268). Nachdem der Schutzzweck der Amtspflicht nur darauf gerichtet ist, Gesundheitsschäden zu vermeiden, entsteht grundsätzlich keine Haftung der Gemeinde, wenn ein Grundstück bebaubar bzw. bewohnbar ist (MüKo-Papier, § 839 BGB, Rdn. 268).
Werden während des laufenden Amtshaftungsprozesses im Plangebiet erfolgreich und dauerhaft gesunde Wohnverhältnisse durch eine Sanierung wiederhergestellt, so sind diese Umstände bei der Schadensberechnung zugunsten der Gemeinde zu berücksichtigen; maßgeblicher Zeitpunkt für die Berechnung des Schadens ist die letzte mündliche Verhandlung (BGH NJW 1990, 1038, 1041).
Der BGH kam im ersten Altlastenurteil (BGHZ 106, 323) zu dem Ergebnis, dass der Stadtrat, dem die frühere Nutzung des Grundstücks als Deponie bekannt war, seine Amtspflichten fahrlässig verletzt hat. Dies hat erhebliche Beunruhigung bei den Gemeinden ausgelöst. In diesem Fall war das Verschulden des Stadtrats jedoch erheblich. Die Stadtratsmitglieder hatten den Bebauungsplan in grob fahrlässiger Weise – trotz Kenntnis der Kontaminierung – in Kraft gesetzt, ohne weitere Bodenuntersuchungen zu veranlassen. Auf ein fehlendes Problembewusstsein zum Zeitpunkt der Beschlussfassung kommt es nicht an (Schink, NJW 1990, 351, 354).
Später hat der BGH klargestellt, dass keine überzogenen Anforderungen an die Prüfungspflichten der Gemeinden gestellt werden dürfen. Die Planungsträger müssen zunächst lediglich Nachforschungen über die Vornutzung anstellen und nach den anerkannten Regeln von Wissenschaft und Technik prognostizieren, ob das überplante Grundstück bewohnbar ist oder nicht.
BGHZ 113, 367, 371: „Es trifft zwar zu, dass der Planungsfehler bereits auf der Tatbestandsebene der Amtspflichtverletzung und nicht erst beim Verschulden gewisse subjektive Elemente der Vorwerfbarkeit enthält. Die Gemeinde muss es versäumt haben, die durch Altlasten verursachte Gefahrensituation aufzuklären und diejenigen Gefahrenpotentiale zu berücksichtigen, die ihr im Zeitpunkt der Beschlussfassung über den Bebauungsplan bekannt waren oder hätten bekannt sein müssen. Was die planende Stelle nicht „sieht“, und was sie nach den gegebenen Umständen auch nicht zu „sehen“ braucht, kann von ihr nicht berücksichtigt werden und braucht von ihr auch nicht berücksichtigt zu werden.“
Der BGH hat diese Rechtsprechung in weiteren, zum Teil nicht veröffentlichten Entscheidungen bestätigt (Nichtannahmebeschlüsse vom 9. 7. 1992, Az. III ZR 78/91; 87/91 und 105/91 = UPR 92, 438).
Für die Beurteilung, ob Gemeinderatsmitglieder beim Erlass eines Bebauungsplans schuldhaft Amtspflichten verletzt haben, ist auf den Zeitpunkt der Beschlussfassung abzustellen.
Hat eine Gemeinde einen Bebauungsplan erlassen, nachdem eine von privaten Sachverständigen oder staatlichen Fachbehörden überwachte Sanierung des kontaminierten Geländes durchgeführt wurde, liegt keine Amtspflichtverletzung vor. Jedenfalls haben aber die Gemeinderatsmitglieder nicht schuldhaft gehandelt, wenn sie auf die Feststellungen des Sachverständigen vertrauen durften, durch die eine nach dem Stand der Technik durchgeführte und erfolgreiche Sanierung bestätigt wird.
War die Kontaminierung des Grundstücks dem Käufer zum Zeitpunkt des Erwerbs positiv bekannt, so ist der Amtshaftungsanspruch wegen eines erheblichen Mitverschuldens ausgeschlossen (Giesberts, DB 1996, 361, 367; Raeschke-Kessler, NJW 1993, 2275, 2277 f.; Ossenbühl, DÖV 1992, 761, 769).
Wenn der Käufer eines kontaminierten Grundstücks zum Zeitpunkt des Erwerbs die Eigenschaft des Plangebiets als früheres Deponiegelände oder altlastenverdächtiges Fabrikgelände kannte oder bei verkehrserforderlicher Sorgfalt kennen musste, liegt ein Mitverschulden vor, das zu einer Kürzung des Anspruchs führt (OLG Frankfurt, Urteil vom 20. November 2014 – 1 U 6/12 –, juris; BGH NJW 1990, 381, 384; vgl. auch BGH NJW 1992, 1953, 1954; Staudinger-Wurm, § 839 BGB, Rdn. 563; Bergmann/Schumacher, Rdn. 1221). Der Käufer muss bei Kenntnis das Gefahrenpotential selbst aufklären und darf in diesem Fall nicht „blindlings“ auf den Bebauungsplan vertrauen (BGH NJW 1990, 381, 384). Ein „Kennenmüssen“ auf Seiten des Käufers ist jedenfalls dann gegeben, wenn er konkrete Anhaltspunkte für einen Altlastenverdacht hatte.
Ein Amtshaftungsanspruch gegen die Gemeinde wegen eines fehlerhaften Bebauungsplans entfällt gem. § 839 Abs. 1 Satz 2 BGB, wenn der Geschädigte auf andere Weise Ersatz erlangen kann. Als anderweitige Ersatzmöglichkeit im Sinne dieser Vorschrift kommt grundsätzlich auch die Geltendmachung eines Ersatzanspruchs im Wege der sog. Drittschadensliquidation in Betracht (OLG Zweibrücken, Urt. v. 04.05.2006, Az.: 6 U 2/05, BeckRS 2008, 13483).
Bei den Altlastenfällen kommen zunächst Gewährleistungsansprüche des Erwerbers gegen den Verkäufer in Betracht. Diese können entfallen, wenn die Sachmängelhaftung vertraglich wirksam ausgeschlossen wurde oder entsprechende Ansprüche verjährt sind.
Allerdings kann sich der Verletzte auf das Fehlen einer anderweitigen Ersatzmöglichkeit nur dann berufen, wenn ihn selbst an dem Wegfall der Ersatzpflicht keine Schuld trifft (BGH NJW 2002, 1266; Palandt-Sprau, § 839 BGB, Rdn. 54; RGRK-Kreft, § 839 BGB, Rdn. 508). Er genügt deshalb seiner Beweispflicht hinsichtlich des Nichtvorliegens einer anderweitigen Ersatzmöglichkeit nicht schon dadurch, dass er die Unmöglichkeit anderweitigen Ersatzes zum Zeitpunkt der Klageerhebung dartut; er muss auch nachweisen, dass er eine früher vorhandene Ersatzmöglichkeit nicht schuldhaft versäumt hat (BGH VersR 1960, 663, 664). Die Versäumung einer Ersatzmöglichkeit ist dann schuldhaft, wenn der Geschädigte von einer ihm nach den Umständen des Einzelfalls zumutbaren Möglichkeit, seinen Schaden an anderer Stelle zu decken, keinen Gebrauch gemacht hat (BGH NJW 1979, 34, 35; Schlick/Rinne, NVwZ 1997, 1171, 1175).
Lässt der Geschädigte Ansprüche gegen einen Dritten verjähren, so kann er sich nicht mehr auf das Fehlen einer anderweitigen Ersatzmöglichkeit berufen, da er den Wegfall der Ersatzmöglichkeit verschuldet hat (BGH BB 1992, 950; RGRK-Kreft, § 839 BGB, Rdn. 508).
Sofern der Geschädigte beim Erwerb des altlastenverseuchten Grundstücks vom Voreigentümer einen umfassenden Gewährleistungsausschluss akzeptiert hat, ist zu differenzieren: Auf eine anderweitige Ersatzmöglichkeit kann sich die Behörde nicht berufen, wenn der Geschädigte nachweisen kann, dass sowohl Käufer als auch Verkäufer beim Abschluss des Vertrages nichts davon wussten, dass das Grundstück kontaminiert war. Anders liegt es jedoch, wenn der Geschädigte vor Abschluss des Vertrags konkrete Anhaltspunkte für einen Gefahrenverdacht oder sogar positive Kenntnis von der Altlastensituation hatte.
Sofern der Verkäufer bei Abschluss des Kaufvertrages von der Eigenschaft des Grundstücks als ehemaligem Deponiegelände weiß, muss er dies dem Käufer offenbaren (Vgl. Raeschke-Kessler, NJW 1993, 2275, 2280). Andernfalls kann eine arglistige Täuschung zu Lasten des Erwerbers vorliegen, die eine Schadensersatzpflicht nach § 437 Nr. 3 BGB i. V. m. §§ 440, 280 f. BGB begründet (Vgl. hierzu BGH NJW 1993, 384, 385; BGH NJW 1992, 1953, 1954 f). Da in diesem Fall ein Gewährleistungsausschluss gem. § 444 BGB nicht durchgreift, hat der Geschädigte mit dem Regressanspruch gegen den Veräußerer in diesen Fällen regelmäßig eine anderweitige Ersatzmöglichkeit.
Eine anderweitige Ersatzmöglichkeit gegen Dritte kann bestehen, wenn ein vom Käufer beauftragter Architekt (Vgl. BGH NVwZ 1992, 911) oder Sachverständiger Hinweise auf eine mögliche Kontaminierung nicht berücksichtigt. Wegen der Verletzung vertraglicher Sorgfalts- und Überprüfungspflichten können sich hier Schadensersatzansprüche ergeben. Ferner ist eine vorrangige Haftung von beratenden Rechtsanwälten denkbar, die bei der Gestaltung des Kaufvertrags bei Altlastenverdacht die Gewährleistungsansprüche des von ihnen vertretenen Käufers nicht hinreichend abgesichert haben. Auch der Ausgleichsanspruch gegen einen zur Sanierung Mitverpflichteten gem. § 24 Abs. 2 BBodSchG kann eine anderweitige Ersatzmöglichkeit gem. § 839 Abs. 1 S. 2 BGB darstellen (Bihler/Koch/Mücke/Weindl, Rdn. 1225).
Bei der Überplanung von Flächen mit Bergschäden gelten die gleichen Grundsätze wie in den Altlastenfällen, seit der BGH in einer grundlegenden Entscheidung seine Altlastenrechtsprechung auf Bergschadensfälle übertragen hat (BGHZ 142, 259, 263 ff). Von Bergschäden spricht man, wenn sich aufgrund verborgener Hohlräume, die ihre Ursache im früher betriebenen oder noch andauernden Bergbau haben, Trichter größeren Ausmaßes bilden und dadurch Personen oder Fahrzeuge abrutschen oder Gebäude einstürzen (BGHZ 142, 259, 264). Vom Ergebnis her ähneln diese Fälle den Altlastenfällen, weil auch hier der Betroffene aufgrund eines gravierenden Mangels des Baugrunds, und zwar nicht aufgrund von Altlasten, sondern aufgrund von Hohlräumen, einen Schaden erleidet.
Anknüpfungspunkt für die Amtspflichtverletzung ist demnach auch hier das bei der Planaufstellung zu beachtende Gebot aus § 1 Abs. 6 Nr.1 BauGB, gesunde und sichere Wohn- und Arbeitsverhältnisse zu verwirklichen (Staudinger-Wurm, § 839 BGB, Rdn. 565). Anders als bei den Altlastenfällen liegt der Schwerpunkt bei den Bergschadensfällen aber auf dem Kriterium der sicheren Wohn- und Arbeitsverhältnisse (BGHZ 142, 259, 264; Hoppe/Bönker/Grotefels, § 19, Rdn. 6). Wenn nicht auszuschließen ist, dass sich aus dem bergbaulich ausgebeuteten Untergrund im Falle einer Bebauung ernsthafte Gefährdungen für die in den geplanten Gebäuden wohnenden und arbeitenden Menschen für ihre Gesundheit und Sicherheit ergeben können, ist die Überplanung dieser Flächen mit dem Bauplanungsrecht unvereinbar (Stich, DVBl. 2001, 409, 413; zur Amtshaftung der Bundesländer als Träger der Bergbehörden vgl. Terwiesche, NVwZ 2007, 284, 285 ff.). Die Drittbezogenheit resultiert wie bei den Altlastenfällen aus der überragenden Bedeutung der Rechtsgüter von Leben und Gesundheit (BGHZ 142, 259, 264).
Bezüglich des Schadensumfangs sind – hier allerdings in deutlichem Unterschied zur Rechtsprechung zu den Altlastenfällen – auch solche Mehraufwendungen vom Schutzbereich der Amtspflicht erfasst, die wegen der mangelnden Standfestigkeit getätigt werden mussten (BGHZ 142, 259, 265 ff). Das rechtfertigt sich daraus, dass die Amtspflicht, sichere Wohn- und Arbeitsverhältnisse zu verwirklichen, gerade dazu dienen soll, dass keine Gebäude errichtet werden, die schon während der Bauzeit oder jedenfalls später von Einsturz bedroht sind. Folglich müssen auch solche Schäden ersatzfähig sein, die auf der mangelnden Standfestigkeit, mithin auf der gerade zu vermeidenden Gefährlichkeit des Gebäudes beruhen.
Bei der Ausweisung von überschwemmungsgefährdeten Flächen hat es der BGH hingegen abgelehnt, die gleichen Grundsätze wie in den Altlastenfällen anzuwenden (BGH VersR 1999, 1412 ff. Unabhängig hiervon können aber den Wasserbehörden Amtspflichten zur Abwehr von Hochwassergefahren obliegen, BGH UPR 2008, 441). Nach der zutreffenden Ansicht in der Literatur besteht jedoch auch hier eine drittschützende Amtspflicht, bei der Aufstellung von Bauleitplänen gesunde und sichere Wohn- und Arbeitsverhältnisse zu berücksichtigen (Zum Ganzen Beyer, NWVBl. 2004, 48 ff). Eine Amtspflichtverletzung liegt deshalb vor, wenn im Bebauungsplan Flächen, bei denen eine Überschwemmungsgefahr besteht, ausgewiesen werden, oder wenn Flächen, bei denen besondere bauliche Vorkehrungen oder Sicherungsmaßnahmen gegen Naturgewalten erforderlich sind, nicht gekennzeichnet sind. Diese Amtspflicht ist drittschützend, weil gerade der Betroffene im Baugebiet vor Gesundheitsgefahren geschützt werden soll. Freilich entschärft sich die Haftungsproblematik dadurch erheblich, dass angesichts der nur abstrakten Gesundheitsgefahren die Nutzung des Grundstücks nicht generell ausgeschlossen ist – wie in den Altlastenfällen – und daher Beeinträchtigungen der Grundstücksnutzung oder -verwertung keinen ersatzfähigen Schaden darstellen.
I. Fehlerhafte Erteilung einer Baugenehmigung
1. Rechtswidriger Vorbescheid und rechtswidrige Genehmigung
a) Drittbezogenheit der Amtspflicht
cc) Schutzzweck der im Baugenehmigungsverfahren zu beachtenden Amtspflichten
b) Anderweitige Ersatzmöglichkeit
c) Haftungsausschluss gem. § 839 Abs. 3 BGB
2. Fehlerhafte Baugenehmigung für ein unbeplantes Altlastenareal
II. Rechtswidrige Versagung der Baugenehmigung
III. Rechtswidrige Versagung des gemeindlichen Einvernehmens
2. Grundsätzlich keine Drittgerichtetheit
3. Ausnahmen – Haftung der Gemeinden
a) Bindungswirkung der Einvernehmensverweigerung
c) Identität von Gemeinde und Bauaufsichtsbehörde
d) Verweigerung eines objektiv nicht erforderlichen Einvernehmens
e) Einlegung von Rechtsbehelfen gegen die Baugenehmigung
4. Verjährung und Schadensersatz
IV. Verzögerte Entscheidung über den Bauantrag
1. Rechtswidrige Entscheidungsverzögerung und anschließende Genehmigungserteilung
2. Rechtswidrige Entscheidungsverzögerung und anschließende Ablehnung des Bauantrags
V. Amtshaftung bei genehmigungsfreien Bauvorhaben
Anders als die Bauleitplanung ist das Baugenehmigungsverfahren auf das individuelle Bauvorhaben des Bauwerbers konkretisiert. Bestehen keine Versagungsgründe, so hat der Antragsteller einen Rechtsanspruch auf Erteilung der Baugenehmigung. Der Genehmigungsvorbehalt dient dem Zweck, die Einhaltung der baurechtlichen Vorschriften zu gewährleisten und die öffentlich-rechtlich geschützten Interessen der Nachbarn zu wahren (Hoppe/Bönker/Grotefels, § 15, Rdn. 12; BGH NJW 1993, 2615, 2516). Andererseits beinhaltet die Baugenehmigung die Aussage gegenüber dem Antragsteller, dass dem Bauvorhaben rechtliche, die generelle Zulässigkeit betreffende Hindernisse nicht entgegenstehen; sie stellt damit grundsätzlich eine Vertrauensgrundlage hinsichtlich des rechtlichen Bestands des Vorhabens dar (Vgl. BGHZ 60, 116 f.; BGH NJW 1994, 2087, 2088).
Der Schutzbereich der bei Erteilung der Baugenehmigung zu beachtenden Amtspflichten erfasst damit generell Belange, welche die Erfüllung des Anspruchs auf Genehmigung betreffen und solche, die an den inhaltlichen Gehalt einer erteilten Genehmigung als Vertrauensgrundlage für die Realisierung des Bauvorhabens anknüpfen (Hoppe/Bönker/Grotefels, § 19, Rdn. 35).
Da die Behörde wegen des Grundsatzes der Baufreiheit den Individualinteressen des Antragstellers Rechnung zu tragen hat, ist beim Baugenehmigungsverfahren der Anteil drittschützender Amtspflichten und damit der potentielle Haftungsumfang vergleichsweise groß ( BGH DVBl. 2004, 263). Allerdings sehen mittlerweile zahlreiche Landesbauordnungen vereinfachte Genehmigungsverfahren und Genehmigungsfreistellungsverfahren vor, durch die die Prüfungspflichten der Behörden wesentlich reduziert werden oder ganz entfallen. Die Verantwortung für die baurechtskonforme Ausführung dieser Vorhaben wird weitgehend auf die Entwurfsverfasser verlagert. Das Haftungsrisiko für Verstöße gegen baurechtliche Vorschriften verschiebt sich damit zunehmend zu Lasten des Bauherrn bzw. Bauvorlageberechtigten (Rotermund/Krafft, Rdn. 507; Numberger, BayVBl. 2008, 741).
Die Behörde hat die Amtspflicht, keinen rechtswidrigen Bauvorbescheid (BGH, Urt. v. 2.2.2017 – III ZR 41/16) und keine rechtswidrige Baugenehmigung zu erteilen (BGH NVwZ 2011, 251 (zu einer Baugenehmigung für eine Windkraftanlage); OLG Brandenburg, Urt. v. 14.10.2008, BeckRS 2008 22021; Simon/Busse-Dirnberger, Art. 54 BayBO, Rdn. 264). Die Rechtswidrigkeit kann sich sowohl aus einem Verstoß gegen Normen des Bauplanungsrechts (Vgl. beispielsweise BGH NJW 2001, 3054 für einen Verstoß gegen § 15 BauNVO, indem eine an einen bestandsgeschützten Rindermastbetrieb heranrückende Wohnbebauung genehmigt wurde) als auch des Bauordnungsrechts ergeben.
Die Erteilung der Baugenehmigung begründet für den Bauherrn grundsätzlich einen Vertrauenstatbestand dafür, dass er sein Bauvorhaben nunmehr verwirklichen kann, ohne mit öffentlich-rechtlichen Hindernissen rechnen zu müssen (OLG Köln, Urteil vom 25. Juli 2013 – 7 U 177/12 –, juris (zur Teilbaugenehmigung)). Gibt die Behörde dem Antrag zu Unrecht statt, bringt sie den Bauherrn in die Gefahr, dass der vorschriftswidrig errichtete Bau unter Umständen wieder beseitigt werden muss (BGH NVwZ 1997, 714, 716; BGHZ 144, 394).
Das gilt selbst nach Ablauf der Geltungsdauer des Vorbescheids. Nutzt der Bauherr einen ihm erteilten positiven Bauvorbescheid nicht rechtzeitig aus, übernimmt er damit wirtschaftlich nicht das Risiko, dass dieser rechtswidrig ist und deshalb auch bei unveränderter Sach- und Rechtslage nach Ablauf seiner Geltungsdauer von der Behörde nicht verlängert werden wird (BGH, Urt. v. 2.2.2017 – III ZR 41/16).
Die erteilte Baugenehmigung oder der entsprechende Bauvorbescheid ist nicht an die Person des Antragstellers gebunden, sondern auf das Grundstück und das Bauvorhaben bezogen (OLG Dresden, Urteil vom 05. März 2014 – 1 U 635/13, 1 U 0635/13 –, juris; Staudinger-Wurm, § 839 BGB, Rdn. 579). Aufgrund dieser „Objektbezogenheit“ hat die Genehmigungsbehörde bei der Erteilung eines positiven Bescheids nicht nur auf die Interessen des Antragstellers selbst, sondern auch auf andere Personen (OLG Jena, LKV 2005, 566 ff) Rücksicht zu nehmen, die im berechtigten schutzwürdigen Vertrauen auf den Bescheid konkrete Aufwendungen für die Planung des Vorhabens tätigen (BGH NVwZ 1997, 714, 717; BGH NJW 1993, 2303; Staudinger-Wurm, § 839 BGB, Rdn. 579; Hoppe/Bönker/Grotefels, § 19, Rdn. 33). Geschützt ist auch der künftige Käufer, der das Grundstück vom Bauherrn erwirbt und im Vertrauen auf den Bescheid davon ausgeht, dass das Vorhaben planungsrechtlich zulässig ist (BGH NJW 1994, 130). Ein Käufer kann sich allerdings nur dann auf einen Vorbescheid berufen, wenn er das Grundstück zu einem Zeitpunkt erworben hat, in dem der Vorbescheid noch Rechtswirkungen entfaltet, d. h. die Frist für die Geltung des Vorbescheides noch nicht abgelaufen ist (BayObLG NVwZ 1995, 931).
Die Amtspflicht, keine rechtswidrigen Baugenehmigungen zu erteilen, besteht gegenüber dem Nachbarn nur insoweit, als die Rechtswidrigkeit des Bescheids auf der Verletzung nachbarrechtlicher Vorschriften beruht (BGHZ 86, 356; OLG Karlsruhe, NJW-RR 1991, 339; Staudinger-Wurm, § 839 BGB, Rdn. 585).
In der Rechtsprechung des BGH hat der sog. „Vertrauenstatbestand“ als haftungsbegrenzendes Merkmal erhebliche Bedeutung. Bauvorbescheide (BGH NJW 1994, 130) und Baugenehmigungen (BGH NJW 1993, 2615, 2616 f.; BGH NJW 1994, 2087) bzw. Teilbaugenehmigungen (BGH NVwZ 1997, 714, 718 ff) können grundsätzlich einen Vertrauenstatbestand schaffen. Jede einzelne Schadensposition muss aber darauf hin untersucht werden, ob der rechtswidrig erteilte Bauvorbescheid bzw. die Baugenehmigung insoweit eine hinreichende Vertrauensgrundlage bot, die jeweilige Vermögensdisposition zu treffen (BGH, Beschl. v. 28.01.2010, Az. III ZR 177/09).
Der Bürger darf grundsätzlich von der Rechtmäßigkeit des Verwaltungshandelns ausgehen und demgemäß darauf vertrauen, dass die Behörden das ihnen Obliegende richtig und sachgemäß tun. Solches Vertrauen ist jedoch in dem Maß nicht schutzwürdig, in dem der Bürger selbst erkennt oder es sich ihm aufdrängen muss, dass der erteilte Verwaltungsakt geltendes Recht verletzt (Frhr. v.u.z. Frankenstein, NWVBl. 2000, 85). Dies kommt zunächst in den in § 48 Abs. 2 Satz 3 VwVfG angesprochenen Fällen in Betracht, insbesondere bei arglistiger Täuschung der Behörde durch den Begünstigten (BGH DVBl 2002, 524 ff) oder bei Kollusion zwischen Behörde und dem Begünstigten, im Übrigen aber auch schon dann, wenn der Begünstigte die Rechtswidrigkeit der Verwaltungsaktes kannte oder ohne Mühe hätte erkennen können (BGH NJW 2002, 432, 433; BGH NVwZ 1997, 714, 718; Hoppe/Bönker/Grotefels, § 19, Rdn. 45; Rinne/Schlick, NJW 2004, 1918, 1923). Dementsprechend kann es bei nichtigen Baugenehmigungen in aller Regel kein schutzwürdiges Vertrauen geben (Hoppe/Bönker/Grotefels, § 19, Rdn. 46; Frhr.v.u.z. Frankenstein, NWVBl. 2000, 85, 86). Nicht schutzwürdig ist ferner das Vertrauen des Bauherrn in eine ihm erteilte Baugenehmigung, wenn er in wesentlichen Punkten von der genehmigten Planung abweicht (BGH NVwZ 1994, 821, 822).
Das auf eine Genehmigung als „Verlässlichkeitsgrundlage“ begründete schutzwürdige Vertrauen kann unter Umständen mit der Anfechtung der Genehmigung durch einen Dritten entfallen. Grundsätzlich entfällt der Vertrauensschutz zwar nicht, wenn und soweit der Verwaltungsakt sofort vollziehbar ist (BGH NVwZ 1997, 714, 719). Wurde aber zulässigerweise Widerspruch eingelegt oder Klage erhoben und zugleich ein Antrag auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung gestellt, so hat der Bauherr die Rechtswidrigkeit einer ihm erteilten Genehmigung jedenfalls dann ernsthaft in Betracht zu ziehen, wenn Anfechtungsgründe vorgebracht werden, deren Richtigkeit nicht ohne Weiteres von der Hand zu weisen ist (Kritisch Gallois, BauR 2002, 884, 885). Setzt der Bauherr in dieser Situation sein Vorhaben fort, ohne die Entscheidung des Gerichts der Hauptsache über die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung abzuwarten, so nimmt er das in der Drittanfechtung liegende Risiko bewusst auf sich (BGH NJW 2002, 432, 434; BGH NJW 2008, 2502, 2503 ff). Nur wenn die Bauaufsichtsbehörde die vorgebrachten Einwendungen bereits im Baugenehmigungsverfahren geprüft hat, kann der Bauherr sein Vorhaben fortsetzen, weil er nicht klüger zu sein braucht als die mit der Bearbeitung des Genehmigungsantrags befassten sachkundigen Beamten.
Der Schutzzweck der im Baugenehmigungsverfahren zu beachtenden Amtspflichten geht nicht so weit, dass der Bauherr vor allen erdenklichen Nachteilen bewahrt werden muss, die ihm aus der Verwirklichung seines Vorhabens entstehen können (BGH NJW 1963, 1821; BGH NJW 1990, 1038, 1041; Hoppe/Bönker/Grotefels, § 19, Rdn. 38). Die Überprüfung der Standsicherheit des Gebäudes beispielsweise erfolgt nur zum Schutz von Leben und Gesundheit, nicht hingegen zum Schutz der Vermögensinteressen des Antragstellers, die den baulichen Sicherheitsaufwand betreffen (BGHZ 39, 358, 363 ff). Die Amtspflicht, die Baugenehmigung für ein Wohnhaus nur dann zu erteilen, wenn eine ausreichende Trinkwasserversorgung gesichert ist, hat nicht den Schutzzweck, den Bauherrn vor Mehraufwendungen zu bewahren, die durch die spätere Sanierung eines ursprünglich ungeeigneten Trinkwasseranschlusses verursacht werden (BGH NVwZ 1995, 620, 621 f., ähnlich BGH NVwZ-RR 1997, 675). Auch das Provisionsinteresse eines Architekten, der im eigenen Namen eine Bauvoranfrage gestellt hat, fällt nicht in den Schutzbereich der zu beachtenden Amtspflichten (BGH NJW 1994, 1647).
Macht der Bauherr einen Amtshaftungsanspruch geltend, weil ihm für ein fehlerhaft geplantes Bauvorhaben eine rechtswidrige Baugenehmigung erteilt worden ist, so muss er dartun, dass er von dem planenden Architekten nicht anderweitig Ersatz verlangen kann (BGH NVwZ 1992, 911; OLG Dresden, Urteil vom 05. März 2014 – 1 U 635/13, 1 U 0635/13 –, juris; OLG Brandenburg, Urt. v. 08.05.2007, Az.: 2 U 15/05). Ein anderweitiger Schadensersatzanspruch gegen den Architekten gem. §§ 634 Nr. 4, 280, 281 BGB kommt insbesondere dann in Betracht, wenn der Architekt von zwingenden und grundlegenden Vorgaben des Bauordnungsrechts, beispielsweise von den Bestimmungen über die Einhaltung von Abstandsflächen, abweicht, obwohl keine entsprechende Befreiung erteilt wurde (Staudinger-Wurm, § 839 BGB, Rdn. 586). Der Architekt kann nicht darauf vertrauen, dass ein entsprechender Rechtsfehler durch die rechtswidrig erteilte Baugenehmigung gleichsam „geheilt“ wird (BGH NVwZ 1993, 602, 603).
Wird die Baugenehmigung antragsgemäß erteilt, steht dem Bauherrn kein verwaltungsprozessualer Rechtsbehelf gegen die Amtshandlung zu, weil er durch die Erteilung des begünstigenden Verwaltungsakts nicht beschwert und folglich auch nicht klagebefugt gem. § 42 Abs. 2 VwGO ist. Allerdings soll nach einer im Schrifttum vertretenen Auffassung als Rechtsmittel auch der nachträgliche Änderungsantrag des Bauherrn in Betracht kommen, wenn er – insbesondere etwa aufgrund eines Nachbarwiderspruchs – Anlass dazu erhält, die Rechtmäßigkeit der Baugenehmigung nochmals zu überprüfen (De Witt/Burmeister, NVwZ 1992, 1039, 1043 f).
Der Nachbar hingegen hat umfassende Möglichkeiten des Primärrechtsschutzes zur Verfügung. Selbst wenn ihm die Baugenehmigung nicht bekannt gegeben wurde, erfährt er doch spätestens mit Baubeginn von dem Bauvorhaben und kann und muss jedenfalls dann Primärrechtsschutz suchen. Deshalb wird es nur selten zu Amtshaftungsansprüchen des Nachbarn wegen Erteilung einer fehlerhaften Baugenehmigung kommen (Hoppe/Bönker/Grotefels, § 19, Rdn. 30; Numberger, BayVBl. 2008, 741).
Sofern ein altlastenverseuchtes Grundstück nicht in einem Planbereich, sondern im unbeplanten Innenbereich gem. § 34 BauGB oder im Außenbereich gem. § 35 BauGB liegt, kommt als Anknüpfungspunkt für einen Amtshaftungsanspruch die Erteilung einer rechtswidrigen Baugenehmigung in Betracht.
Das Genehmigungsverfahren dient dem Zweck, die Einhaltung der baurechtlichen Vorschriften zu gewährleisten und die Allgemeinheit vor Gefahren zu bewahren, die mit der Errichtung von Bauten verbunden sind, welche mit der allgemeinen Ordnung des Bauwesens nicht in Einklang stehen. Eine Baugenehmigung für ein infolge einer Bodenkontamination nicht bebaubares Grundstück verfehlt diesen Zweck, indem sie das Nichtvorliegen öffentlich-rechtlicher Genehmigungshindernisse bestätigt, obwohl diese in Wirklichkeit gegeben sind (BGH NJW 1993, 2615, 2316).
Auch hier gilt aber die Einschränkung, dass der Schutzzweck der Haftungsnorm nur diejenigen Schäden umfasst, die aus der Unbewohnbarkeit des betreffenden Grundstücks wegen der altlastenbedingten Gesundheitsgefährdung resultieren (BGH NJW 1990, 1038, 1041; Boujong, WiVerw 1991, 59, 93). Außerdem muss der Betroffene seine wirtschaftlichen Dispositionen in schutzwürdigem Vertrauen auf den von der Behörde geschaffenen Vertrauenstatbestand getroffen haben (Siehe hierzu insbesondere BGH NVwZ 1997, 714, 718 ff (Atomrechtliche Teilgenehmigung – Mülheim-Kärlich). Vgl. zum „Vertrauenstatbestand“ als Kriterium der Drittbezogenheit grundlegend de Witt/Burmeister, NVwZ 1992, 1039; Krohn, in: Festschrift für Boujong, S. 573; vgl. auch Bömer, NVwZ 1996, 749).
Für die Sorgfaltspflichten der Genehmigungsbehörde gelten die für die Bauleitplanung entwickelten Grundsätze (BGH NJW 1993, 2615, 2616; Staudinger-Wurm, § 839 BGB, Rdn. 583).
Bei der Bestimmung des sachlichen Schutzbereichs der Amtspflicht zum Erlass eines rechtmäßigen Genehmigungsbescheids ist nach der Rechtsprechung des BGH auch hier maßgeblich, ob der Bescheid für den Geschädigten eine „Verlässlichkeitsgrundlage“ dargestellt hat (BGH NJW 1993, 2615, 2617). Da die Baugenehmigung lediglich eine „Unbedenklichkeitsbescheinigung“ darstellt, ist fraglich, ob sie auch eine Verlässlichkeitsgrundlage für das Fehlen von Altlasten sein kann, die zum Zeitpunkt der Erteilung noch nicht erkannt worden sind. Nach der Rechtsprechung besteht eine Verlässlichkeitsgrundlage nur dahingehend, dass bei sorgfältiger und gewissenhafter Prüfung des Bauvorhabens im Hinblick auf mögliche Gefährdungen durch Altlasten keine Hinderungsgründe für die Erteilung der Genehmigung zutage getreten sind (BGH NJW 1993, 2615, 2617). Anderenfalls würde die Baugenehmigung die Bedeutung einer „öffentlich-rechtlichen Garantie“ für die unbedenkliche Nutzbarkeit des Baugrundes bekommen. Die Annahme einer solchen Garantie verträgt sich aber nicht mit dem Grundsatz, dass Gefahrenpotentiale, die sich aus dem Eigentum selbst ergeben, also das allgemeine Baugrundrisiko konstituieren, in den Risikobereich des Eigentümers fallen (Staudinger-Wurm, § 839 BGB, Rdn. 582). Ein Überwälzen dieses Risikos auf die öffentliche Hand ist nur gerechtfertigt, wenn diese einen Zurechnungstatbestand geschaffen hat. Ein solcher Zurechnungstatbestand kann sich daraus ergeben, dass die aus der Bodenverseuchung resultierende Gesundheitsgefahr der Bauaufsichtsbehörde im Zeitpunkt der Erteilung der Baugenehmigung objektiv erkennbar war. Andernfalls würde man einen Gefährdungshaftungstatbestand zu Lasten der Bauaufsichtsbehörde konstruieren, der diese zu einer uferlosen Prüfung gleichsam „ins Blaue hinein“ zwingen würde (Staudinger-Wurm, § 839 BGB, Rdn. 572).
Der sachliche Schutzbereich der Amtspflicht richtet sich danach, ob und inwieweit der Geschädigte seine Dispositionen in schutzwürdigem Vertrauen auf den Genehmigungsbescheid als „Verlässlichkeitsgrundlage“ getroffen hat. Ersatzfähig sind nur Schäden, die auf Vermögensdispositionen beruhen, für die der von der Behörde geschaffene Vertrauenstatbestand alleinige Verlässlichkeitsgrundlage war (Vgl. BGH NJW 1992, 1953, 1955).
3. Nachträgliche Auflagen
Eine Baugenehmigung ist rechtswidrig, wenn das Bauvorhaben gegen Normen des Öffentlichen Rechts verstößt. Ein solcher Verstoß muss aber das Bauvorhaben nicht als solches in Frage stellen, wenn und soweit es durch eine Auflage, also eine Nebenbestimmung zur Baugenehmigung, rechtmäßig „gemacht“ werden kann.
Unterlässt die Genehmigungsbehörde die Verfügung einer Auflage, erteilt sie mithin eine rechtswidrige Baugenehmigung, handelt sie amtspflichtwidrig. Verfügt sie dann aber später eine nachträgliche Auflage, ist es gleichwohl nicht vom Schutzzweck der verletzten Amtspflicht umfasst, dass der Eigentümer von Aufwendungen verschont bleibt, die erforderlich werden, um eine nachträgliche bauliche Auflage zu erfüllen (OLG München, Beschl. v. 29.10.2009, Az. 1 U 3646/09; OLG München, Urt. v. 01.06.2006, Az. 1 U 5467/05).
Eine Baugenehmigung ist zu erteilen, wenn dem Vorhaben rechtliche Hindernisse nicht entgegenstehen. Der Antragsteller hat hierauf einen Rechtsanspruch. Es stellt grundsätzlich eine Amtspflichtverletzung dar, wenn die Baugenehmigungsbehörde eine beantragte Baugenehmigung versagt oder an unzulässige Bedingungen knüpft, obwohl keine Gründe dafür vorliegen (OLG München, Urt. v. 28.05.2009, Az. 1 U 5121/08 (zu einer unwirksamen Veränderungssperre); Hoppe/Bönker/Grotefels, § 19, Rdn. 48; Rotermund/Krafft, Rdn. 510). Entsprechend gilt dies für die Versagung einer Nutzungsänderungsgenehmigung (OLG München v. 03.08.2002, Az. 1 U 1903/00) oder einer Teilungsgenehmigung (BGH NVwZ 1997, 623 ff). Auch die Aufhebung einer bereits erteilten, rechtmäßigen Baugenehmigung ist amtspflichtwidrig (BGH NJW 2009, 1207).
Dem Antragsteller gegenüber stellt die rechtswidrige Versagung einer Baugenehmigung eine Verletzung einer drittgerichteten Amtspflicht dar (BGH ZIP 2008, 1480; Boujong, WiVerw 1991, 59, 100). Auf andere Personen erstreckt sich der Schutzbereich der Amtspflicht dagegen nicht ohne Weiteres, auch wenn diese ein wirtschaftliches Interesse an der Erteilung der Baugenehmigung haben (BGH Urt. v. 05.05.2011, Az. III ZR 305/09; BGH ZIP 2008, 1480). Bei Versagung einer Baugenehmigung ist der Kreis der geschützten „Dritten“ anders als bei der rechtswidrigen Erteilung eines Bescheids, (BGH NJW 1993, 2303, BGH NJW 1994, 130; BGH NJW 1994, 130; BGH NJW 1994, 2091, 2982; Rohlfing, BauR 2006, 947, 949) weil die Erteilung der Genehmigung objektbezogen, die Versagung der Genehmigung dagegen grundsätzlich nur personenbezogen ist: Die Versagung einer Baugenehmigung oder eines Vorbescheids (LG Oldenburg, NVwZ 2005, 1457 ff. mit krit. Anm. von Krohn/de Witt, NVwZ 2005, 1387 ff) entfaltet materielle Bestandskraft im Sinne einer Feststellungswirkung alleine gegenüber dem Bauherrn (Antragsteller). Die bestandskräftige Versagung einer Baugenehmigung berechtigt die Behörde nicht, einen neuen Bauantrag eines anderen Antragstellers ohne Sachprüfung abzulehnen. Deswegen hat die Genehmigungsbehörde bei Erlass eines ablehnenden Bescheids nur die Interessen des Bauwerbers, nicht aber auch die Interessen anderer Personen zu berücksichtigen, die keinen Bauantrag gestellt haben. Eine drittbezogene Amtspflicht besteht also in der Regel allein gegenüber dem Antragsteller, nicht aber gegenüber anderen Personen, selbst wenn diese durch einen ablehnenden Bescheid in ihren wirtschaftlichen Interessen nachteilig betroffen werden (BGH NJW 1994, 130; BGH NJW 1994, 2091, 2092 f.; Hoppe/Bönker/Grotefels, § 19, Rdn. 49). Damit fällt auch der Grundstückseigentümer, sofern er nicht Antragsteller ist, in aller Regel nicht in den Schutzbereich der Amtspflicht (BGH NJW 1994, 2091, 2092).
Ein erhebliches wirtschaftliches Interesse des Grundstückseigentümers, z. B. um Mietausfälle zu vermeiden oder zu verhindern, dass der Erwerber des Objekts sein vertragliches Rücktrittsrecht ausübt, reicht nicht aus, um ihn als geschützten Dritten in den Schutzbereich der Amtspflichten einzubeziehen (BGH NJW 1994, 2091, 2093).
Nach der Rechtsprechung erhält der Eigentümer, der nicht selbst Antragsteller ist, auch nicht im Nachhinein die Stellung eines Dritten, wenn er im Verwaltungsprozess, in dem um die Erteilung der Baugenehmigung auf Klage des Bauwerbers gestritten wird, vom Gericht lediglich beigeladen worden ist (BGH NJW 1994, 2091, 2093). Etwas anderes gilt nur dann, wenn sich der Eigentümer im Verfahrensverlauf ausdrücklich als weiterer Antragsteller an dem Verwaltungsverfahren beteiligt (BGH NVwZ 2004, 1143, 1144; vgl. zum Ganzen Palandt-Sprau, § 839 BGB, Rdn. 98; Schlick, DVBl 2007, 457 und BauR 2008, 290).
Ein formell am Baugenehmigungsverfahren nicht beteiligter Dritter fällt ausnahmsweise dann in den Schutzbereich der Amtspflicht, wenn er eigentlicher Träger des Interesses an der Verwirklichung des konkreten Bauvorhabens ist und damit eine Rechtsstellung innehat, die ihrem sachlichen Gehalt nach der eines Bauherrn gleichkommt (BGH NJW 1994, 2092, 2093, abgelehnt für den Fall einer GmbH bei Antragstellung durch den Gesellschaftergeschäftsführer durch BGH UPR 2008, 443). Hierzu kann etwa ein Rechtsnachfolger des Bauantragstellers zählen (BGH NJW 1991, 1696 f).
Der Schaden ist nach der Differenzmethode zu berechnen. Es ist ein rechnerischer Vergleich der durch das schädigende Ereignis eintretenden Vermögenslage mit derjenigen, die sich ohne dieses Ereignis ergeben würde, anzustellen.
Allerdings ist in diesem Zusammenhang bei Vorliegen formeller Mängel von Amts wegen zu beachten, wie sich die Vermögenslage des Geschädigten bei rechtmäßigem und amtspflichtgemäßem Alternativverhalten der Bauaufsichtsbehörde gestaltet hätte (BGH NVwZ 2008, 815, 816 m. Anm. Rosenkötter, NZBau 2008, 497 f).
Ersatzfähige Schadensposten sind sowohl Baukostensteigerungen als auch höhere Finanzierungskosten oder ein Mietzinsausfall (Hoppe/Bönker/Grotefels, § 19, Rdn. 51; Boujong, WiVerw 1991, 59, 100). Ersatzfähig ist auch der entgangene Gewinn des Bauträgers, der eine Wohnungseinheit wegen der zunächst versagten Baugenehmigung erst deutlich später zu einem geringeren Preis verkaufen kann (BGH, Urt. v. 25.10.2007, BeckRS 2007, 18753).
Anders als die rechtswidrige Erteilung kann die rechtswidrige Versagung einer Baugenehmigung für den Eigentümer auch einen enteignungsgleichen Eingriff darstellen, wenn der Eigentümer in der rechtlich zulässigen Ausnutzung seines Eigentums gehindert wird oder für einen Betrieb notwendige Bauten nicht errichtet werden können und somit in den eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb eingegriffen wird (BGH NJW 1980, 387; BGH NJW 1997, 3432; Staudinger-Wurm, § 839 BGB, Rdn. 587). Eine Automatik zwischen rechtswidriger Genehmigungsversagung und Haftung aus enteignungsgleichem Eingriff besteht allerdings nicht; es müssen zusätzliche Umstände vorliegen, die die Genehmigungsversagung zu einem enteignungsgleichen Eingriff machen (Vgl. Simon/Busse-Dirnberger, Art. 654 BayBO, Rdn. 3135 ff).
Die Gemeinden haben die Amtspflicht, bei Vorliegen der rechtlichen Voraussetzungen nach § 36 BauGB das Einvernehmen zu erteilen (BGH NJW 1985, 2817; Hoppenberg/de Witt-de Witt/Krohn, M, Rdn. 89; Stüer, Rdn. 40; OLG Jena GewArch 2009, 86). Die rechtswidrige Verweigerung des Einvernehmens stellt deshalb eine Amtspflichtverletzung dar.
Der rechtswidrigen Verweigerung steht der rechtswidrige Widerruf eines bereits erteilten oder fingierten Einvernehmens gleich (BGH NVwZ 2006, 117). Bei einer Änderung der Sach- oder Rechtslage ist die Gemeinde jedenfalls während eines laufenden Prozesses verpflichtet, die Rechtmäßigkeit ihrer Einvernehmensverweigerung zu überprüfen und dementsprechend ihr Einvernehmen nachträglich zu erteilen, wenn nach der Änderung der Sach- oder Rechtslage nunmehr das Einvernehmen erteilt werden muss (BGH UPR 1992, 105; Jäde, Gemeinde und Baugesuch, Rdn. 156).
Ist das Einvernehmen objektiv nicht erforderlich, hat die Bauaufsichtsbehörde die Gemeinde aber dennoch beteiligt, weil sie das Einvernehmen irrigerweise für erforderlich hielt, so hat die Gemeinde die Amtspflicht, die Erteilung der begehrten Baugenehmigung nicht durch ein Verhalten zu verhindern, das die Bauaufsichtsbehörde als Verweigerung des für erforderlich gehaltenen Einvernehmens bewerten muss (BGH NVwZ-RR 2003, 403, BGH NVwZ 2006, 117 f).
Das Einvernehmen ist seiner Rechtsnatur nach ein Verwaltungsinternum. Dies hat zur Konsequenz, dass die von der Gemeinde bei der Einvernehmenserteilung zu beachtenden Amtspflichten grundsätzlich nicht drittschützend sind (Die rechtswidrige Erteilung des Einvernehmens vermag hingegen keinerlei Haftungsansprüche zu begründen. Insoweit lässt sich keine Außenbeziehung zum Bauherrn konstruieren, weil die Baugenehmigungsbehörde die Alleinverantwortung trifft, da sie trotz des erteilten Einvernehmens die Baugenehmigungserteilung versagen kann, vgl. Staudinger-Wurm, § 839 BGB, Rdn. 593) und eine Haftung der Gemeinde daher nicht Platz greift (Rechtsprechungsänderung des BGH seit 2010) (BGH NVwZ 2010, 249; OLG München, Urt. v. 22.12.2011, Az. 1 U 758/11. Zuvor Staudinger-Wurm, § 839 BGB, Rdn. 606; Rotermund/Krafft, Rdn. 490; Rohlfing, BauR 2006, 947, 948; Desens, DÖV 2009, 197, 206. Kritisch Schröer/Kullick, NZBau 2012, 31, 32 unter Hinweis auf die nunmehr bestehende haftungsrechtliche Folgenlosigkeit einer Einvernehmensverweigerung durch die Gemeinden, der nun „Tür und Tor“ geöffnet sei, und Dippel, NVwZ 2011, 769, 776). Mit Urteil vom 16.09.2010 hat der BGH entschieden, dass die Bauaufsichtsbehörden verpflichtet sind, ein rechtswidrig versagtes Einvernehmen der Gemeinden zu ersetzen, wenn ihnen die jeweiligen Landesbauordnungen entsprechende Befugnisse einräumen. Seitdem kann sich die Bauaufsichtsbehörde nicht mehr darauf zurückziehen, dass die Gemeinde ihr Einvernehmen verweigert habe und deshalb die Baugenehmigung nicht erteilt werden könne. Sie muss vielmehr das rechtswidrig versagte Einvernehmen ersetzen und die Baugenehmigung erteilen. Das gilt auch für den Fall, dass die Einvernehmensverweigerung auf dem Verstoß des Bauvorhabens gegen die Festsetzungen eines – allerdings unwirksamen – Bebauungsplans beruht (BGH, Urt. v. 25.10.2012, Az. III ZR 29/12). Die Baugenehmigungsbehörde kann zwar das Einvernehmen nicht unmittelbar unter Aufhebung des Bebauungsplans (BGH NVwZ 2004, 1143, 1144) ersetzen; sie kann aber bei der Kommunalaufsichtsbehörde auf die Unwirksamkeit des Bebauungsplans hinweisen und dadurch – nach Durchführung der entsprechenden kommunalaufsichtsrechtlichen Schritte – die Aufhebung des Bebauungsplans erreichen, sodass sie dann in der Folge das verweigerte Einvernehmen ersetzen kann (BGH, Urt. v. 25.10.2012, Az. III ZR 29/12). Amtspflichten kann insofern auch die Kommunalaufsichtsbehörde verletzen (LG Kiel, Urteil vom 14. Januar 2014 – 8 O 40/12 –, juris). Damit steht aber allein die Bauaufsichtsbehörde in einer unmittelbaren Beziehung zum Bauwerber, während die Gemeinde lediglich in den behördeninternen Entscheidungsprozess integriert ist.
Die Pflicht zur Ersetzung des Einvernehmens gilt sowohl für den Fall der Verweigerung des Einvernehmens als auch für den Fall des Widerrufs des bereits erteilten Einvernehmens.
Der Widerruf eines aufgrund Fristablaufs gemäß § 36 Abs. 2 Satz 2 BauGB fingierten Einvernehmens verletzt keine drittschützenden Amtspflichten, weil der Widerruf rechtlich unmöglich (BVerwG NVwZ 1997, 900. Die Gemeinde hat jedenfalls kein Klagerecht gegen die Baugenehmigung, OVG Lüneburg NVwZ 1999, 1003) und damit bedeutungslos ist und infolge dessen auch die Bauaufsichtsbehörde nicht zur Durchführung des Ersetzungsverfahrens zwingt (a.A. Jäde, UPR 2011, 125, 129: aus Rechtssicherheitsgründen klarstellende Einvernehmensersetzung).
Aus den gleichen Gründen kommen bei einer rechtswidrigen Versagung des kommunalen Einvernehmens auch Entschädigungsansprüche aus enteignungsgleichem Eingriff nicht mehr in Betracht (Rechtsprechungsänderung des BGH seit 2010) (BGH NVwZ 2010, 249, Rechtsprechungsänderung zu BGH NVwZ 1997, 623 f., BGH NVwZ-RR 2003, 403 f.; OLG München, Urt. v. 22.12.2011, Az. 1 U 758/11).
Gleichwohl ist dadurch eine Haftung der Gemeinden aber nicht völlig ausgeschlossen. Folgende Haftungskonstellationen kommen in Betracht:
Entfaltet die Verweigerung des Einvernehmens Bindungswirkung für die Baugenehmigungsbehörde, entsteht zwischen der am Verfahren beteiligten Gemeinde und dem Bauherrn eine besondere Beziehung, die es rechtfertigt, drittschützende Amtspflichten zwischen der Körperschaft, die das Einvernehmen zu erteilen hat, und dem Dritten anzunehmen (BGH NJW 1992, 2691, 2692; BGH NVwZ 2006, 117; Bergmann/Schumacher, Rdn. 1007). Dies ist in Schleswig-Holstein und in Rheinland-Pfalz der Fall.
In Schleswig-Holstein (vgl. Staudinger-Wurm, § 839 BGB, Rdn. 601, 604. Nach § 1 Abs. 2 der Landesverordnung zur Übertragung von Zuständigkeiten auf nachgeordnete Behörden des Landes Schleswig-Holstein sind zuständige Behörden nach § 36 Abs. 2 Satz 3 des Baugesetzbuchs die Kommunalaufsichtsbehörden. In NRW sind dagegen die Bauaufsichtsbehörden zuständig, wie sich aus § 2 Nr. 4a des 1. BürokAbbG – in Abweichung von § 80 Abs. 2 BauO NRW – ergibt, dessen Geltungsdauer durch Gesetz vom 16.11.2010 bis 31.12.2012 verlängert wurde; vgl. Desens, DÖV 2009, 197, 206) wurde die Ersetzungsbefugnis nicht den Bauaufsichtsbehörden, sondern – deklaratorisch, da dadurch die bisherige Rechtslage nicht geändert wurde – den Kommunalaufsichtsbehörden übertragen. Die Bauaufsichtsbehörden sind deshalb an das rechtswidrig verweigerte Einvernehmen gebunden, weil sie es nicht selbst ersetzen können (a.A. wohl Jäde, UPR 2011, 125, 129, der davon ausgeht, dass die Bauaufsichtsbehörde die Pflicht habe, die Ersetzung als Genehmigungsvoraussetzung bei der dazu befugten Stelle herbeizuführen. Der BGH hat aber ausdrücklich ausgeführt, dass die Baugenehmigungsbehörde für die Ersetzung zuständig sein muss (siehe den Leitsatz der Entscheidung), weil dann keine Bindungswirkung an die Einvernehmensverweigerung bestehe. Bei einer „lediglich“ kommunalaufsichtsrechtlich ersetzbaren Einvernehmensverweigerung besteht aber nach wie vor eine Bindungswirkung der Baugenehmigungsbehörde).
In Rheinland-Pfalz besteht die Besonderheit, dass die unteren Bauaufsichtsbehörden gegenüber ihren Verbandsgemeinden gemäß § 71 Abs. 2 Satz 2 i.V.m. § 58 Abs. 2 LBauO Rh.-Pf. keine Ersetzungsbefugnis haben (Jeromin, BauR 2011, 456, 461). Erst die Widerspruchsbehörden können ein rechtswidrig versagtes Einvernehmen ersetzen. Damit kann auch in dieser Konstellation eine Haftung der Gemeinde für den bis zur Ersetzung des Einvernehmens durch die Widerspruchsbehörde entstandenen Verzögerungsschaden Platz greifen. Sofern aufgrund einer während der üblichen Verfahrensdauer des Widerspruchsverfahrens und des Teilverfahrens zur Ersetzung des Einvernehmens eintretenden Rechtsänderung das Bauvorhaben endgültig nicht mehr realisierbar ist, haftet die Gemeinde auch für diesen Schaden.
Differenziert zu beantworten ist die Frage, ob bei rechtswidriger Ablehnung des Einvernehmens durch die Gemeinde die rechtswidrige Verweigerung der Baugenehmigung haftungsrechtlich der Gemeinde oder dem Träger der Bauaufsichtsbehörde zuzurechnen ist. Es kommt darauf an, wie sich die Entscheidung der Bauaufsichtsbehörde nach außen darstellt: Wird der Bescheid nur damit begründet, dass die Gemeinde das erforderliche Einvernehmen verweigert hat, so hat grundsätzlich allein die Gemeinde für den dem Antragsteller entstehenden Schaden aufzukommen (Jäde, Gemeinde und Baugesuch, Rdn. 160). Geht hingegen aus dem ablehnenden Bescheid der Bauaufsichtsbehörde hervor, dass sie das Vorhaben auch aufgrund einer eigenen Sachprüfung und Überzeugungsbildung für unzulässig hält, so haften Gemeinde und Träger der Bauaufsichtsbehörde gesamtschuldnerisch (BGH NJW 1992, 2691; BGH NJW 1993, 3065; BGH NVwZ 1997, 623 ff). Geht schließlich aus dem Bescheid nur hervor, dass die Bauaufsichtsbehörde die Erteilung der Genehmigung völlig unabhängig von dem verweigerten Einvernehmen versagt hat, so haftet die Bauaufsichtsbehörde allein (Staudinger-Wurm, § 839 BGB, Rdn. 597; Hoppe/Bönker/Grotefels, § 19, Rdn. 59; Graupeter, ZfBR 2005, 432, 433; s.a. BVerwG NVwZ 1992, 1092).
Schließlich sind in diesen Fällen auch Ansprüche aus enteignungsgleichem Eingriff gegeben; (BGH NVwZ 1997, 623 f., BGH NVwZ-RR 2003, 403 f) insoweit kann die bisherige Rechtsprechung weiter angewendet werden.
Ferner haftet die Gemeinde, wenn sie vorsätzlich das Einvernehmen verweigert, um das Bauvorhaben zu verzögern oder endgültig zu Fall zu bringen, obwohl ihr klar ist, dass keine Verweigerungsgründe bestehen. In solchen Fällen des Amtsmissbrauchs ist die Schwelle des bloßen Verwaltungsinternums überschritten, weil die Gemeinde bewusst und gezielt Amtsbefugnisse gegen den Bauwerber einsetzt.
Die Gemeinde haftet außerdem, wenn sie zugleich Trägerin der unteren Baugenehmigungsbehörde ist. Denn in diesem Fall darf die Gemeinde die Ablehnung eines Bauantrags nicht mit der Versagung ihres Einvernehmens begründen (BVerwG NVwZ 2005, 83 ff. – Aufgabe der bisherigen Rechtsprechung). Tut sie es dennoch, haftet sie (als Trägerin der unteren Bauaufsichtsbehörde) (Schlarmann/Krappel, NVwZ 2011, 215, 218).
Drittschützende Amtspflichten verletzt die Gemeinde auch dann, wenn sie ein objektiv nicht erforderliches Einvernehmen verweigert (Das Verschulden muss hier aber besonders unter dem Gesichtspunkt geprüft werden, ob die Gemeinde vertretbarerweise davon ausgehen konnte, dass das Einvernehmen erforderlich ist). Der BGH verneint zwar in den Fällen, in denen ein Einvernehmen nicht erforderlich ist, die Bauaufsichtsbehörde die Gemeinde aber dennoch beteiligt, weil sie das Einvernehmen irrigerweise für erforderlich hält, eine Amtspflicht der Gemeinde aus § 36 Abs. 2 Satz 1 BauGB, sodass auch die Verweigerung des Einvernehmens insofern keine Amtspflichtverletzung darstellt. Andererseits geht er aber davon aus, dass eine davon unabhängige, eigenständige Amtspflicht gegenüber dem Bauwilligen besteht, die Erteilung der begehrten Baugenehmigung nicht durch ein Verhalten zu verhindern, das die Bauaufsichtsbehörde als Verweigerung des für erforderlich gehaltenen Einvernehmens bewerten muss (BGH NVwZ-RR 2003, 403, BGH NVwZ 2006, 117 f.; Schlarmann/Krappel, NVwZ 2011, 215, 218). Letztlich geht es darum, dass die Gemeinde keine Amtsbefugnisse in Anspruch nimmt, die ihr von vornherein nicht zustehen (ultra-vires-Gedanke). Hierin liegt auch der Unterschied zur „herkömmlichen“ rechtswidrigen Verweigerung eines Einvernehmens, weil dort das Einvernehmen objektiv erforderlich ist, aber von der Gemeinde rechtswidrig nicht erteilt wird. Die Gemeinde darf also nicht den Eindruck erwecken, sie verweigere das Einvernehmen, wenn objektiv das Einvernehmen überhaupt nicht erforderlich ist. Dann muss nämlich die Bauaufsichtsbehörde prüfen, ob sie das Einvernehmen ersetzen kann, (und zu dem Ergebnis gelangen, dass eine Einvernehmensersetzung nicht erforderlich ist, weil das Einvernehmen objektiv nicht erforderlich ist. A.A. Jäde, UPR 2011, 125, 129: klarstellende Einvernehmensersetzung. Amtshaftungsrechtlich ist dieser Streit irrelevant. Erteilt die Baugenehmigungsbehörde die Baugenehmigung, verletzt sie ohnehin keine Amtspflicht, und für den etwaigen Verzögerungsschaden haftet die Gemeinde. Verweigert die Baugenehmigungsbehörde die Erteilung der Baugenehmigung unter Hinweis auf das versagte Einvernehmen, handelt sie allein deshalb amtspflichtwidrig; nach hier vertretener Auffassung haften dann der Träger der Bauaufsichtsbehörde und die Gemeinde nebeneinander. Erteilt schließlich die Baugenehmigungsbehörde die Baugenehmigung, ohne zuvor das Einvernehmen ersetzt zu haben, und geht die Gemeinde hiergegen vor, haftet die Gemeinde allein schon wegen dieses gerichtlichen Angriffs auf die Baugenehmigung, obwohl die Baugenehmigung rechtmäßig ist; die Gemeinde wird ohnehin nicht in ihrem kommunalen Selbstverwaltungsrecht verletzt, wenn die Baugenehmigung ohne Einvernehmensersetzung erteilt wird, das Einvernehmen objektiv aber nicht erforderlich ist) und für den dadurch evtl. eintretenden Schaden, entweder aufgrund einer bloßen Verzögerung des Bauvorhabens oder aufgrund einer endgültigen Nichtrealisierbarkeit wegen einer Rechtsänderung, haftet die Gemeinde.
Hierin liegt auch kein Widerspruch zur ausgeschlossenen Haftung bei Verweigerung des Einvernehmens. Denn in der vorliegenden Konstellation ist ein Einvernehmen von vornherein nicht erforderlich, sodass die Gemeinde durch die Einvernehmensverweigerung ein Verfahren in Gang setzt, dessen es objektiv nicht bedurft hätte, und damit eine rechtsgrundlose Verzögerung verursacht.
Ebenso wenig liegt ein Widerspruch zur ausgeschlossenen Haftung bei Widerruf eines bereits erteilten oder aufgrund Fristablaufs fingierten Einvernehmens vor. Denn auch in jenen Fällen ist das Einvernehmen objektiv erforderlich, und seine – an sich erforderliche – Erteilung wird „nur“ rechtswidrig versagt (durch „Rücknahme“ des bereits erteilten Einvernehmens).
Schließlich sind in diesen Fällen auch Ansprüche aus enteignungsgleichem Eingriff gegeben; (BGH NVwZ-RR 2003, 403, 404) insoweit kann die bisherige Rechtsprechung weiter angewendet werden.
Die Einlegung eines Rechtsbehelfs der Gemeinde gegen eine trotz Verweigerung des Einvernehmens erteilte Baugenehmigung oder gegen die Ersetzung des Einvernehmens kann ebenfalls einen Amtshaftungsanspruch auslösen (BGH NVwZ 2011, 249, 250; OLG München, Beschl. v. 16.09.2011, Az. 1 U 498/11; Jeromin, BauR 2011, 456, 461; Zeiser, BayVBl 2010, 613, 617). Voraussetzung dafür ist, dass die Gemeinde erkennt oder bei ausreichender Prüfung erkennen müsste, dass die entsprechende Entscheidung der Aufsichtsbehörde rechtmäßig und die Verweigerung des Einvernehmens rechtswidrig war (Vgl. BGH BayVBl. 1995, 220; BGHZ 110, 253, 256).
Die Gemeinde ist auch während eines laufenden Prozesses verpflichtet, die Rechtmäßigkeit ihrer Einvernehmensverweigerung zu überprüfen und dementsprechend ihr Einvernehmen dann nachträglich zu erteilen, wenn eine Änderung der Sach- oder Rechtslage dazu Veranlassung gibt (BGH UPR 1992, 105; Jäde, Gemeinde und Baugesuch, Rdn. 156).
Erhebt der Betroffene wegen der Nichterteilung der Genehmigung Verpflichtungs- oder Untätigkeitsklage und wird die Gemeinde in diesem Prozess beigeladen, so erstreckt sich die verjährungshemmende Wirkung der Klageerhebung analog § 204 Abs. 1 Nr. 1 BGB auch auf den Amtshaftungsanspruch gegen die Gemeinde ( Staudinger-Wurm, § 839 BGB, Rdn. 600; Graupeter, ZfBR 2005, 432, 433).
Von der Rechtsfolge her ist der Geschädigte so zu stellen, als wäre die Genehmigung fristangemessen und ordnungsgemäß erteilt worden. Darauf, dass es auch bei rechtmäßiger Herstellung des gemeindlichen Einvernehmens zu Verzögerungsschäden gekommen wäre, weil ein Nachbar einen Rechtsbehelf eingelegt hat, kann sich die Gemeinde nicht berufen (OLG Jena BauR 2008, 721).
Den Beamten der Baugenehmigungsbehörde obliegt gegenüber dem Antragsteller (Staudinger-Wurm, § 839 BGB, Rdn. 575; Hoppe/Bönker/Grotefels, § 19, Rdn. 49) die Pflicht, über Bauanträge oder Bauvoranfragen unter Beachtung der einschlägigen Vorschriften nicht nur sachgerecht, sondern auch innerhalb einer angemessenen Frist zu entscheiden (BGH WM 1994, 430; BayObLG 1995, 95; OLG Koblenz, Urt. v. 4.8.2016 - 1 U 111/16).
Welche Frist angemessen ist, muss nach den Umständen des Einzelfalls beurteilt werden (Rotermund/Krafft, Rdn. 496; die Bescheidung einer Bauvoranfrage zur Errichtung einer Windkraftanlage 16 Monate nach deren Eingang stellt regelmäßig keine angemessene, zügige Bearbeitung der Angelegenheit mehr dar, vgl. OLG Koblenz, NJOZ 2007, 4494, 4495). Aus der für die Erhebung der Untätigkeitsklage in § 75 VwGO vorgesehenen Dreimonatsfrist kann nicht ohne Weiteres geschlossen werden, dass eine Pflichtverletzung stets erst nach Ablauf von drei Monaten anzunehmen ist (Staudinger-Wurm, § 839 BGB, Rdn. 573; OLG Koblenz, NJOZ 2007, 4494, 4496; Bergmann/Schumacher, Rdn. 1004). Die Entscheidungsfrist kann z. B. wesentlich kürzer bemessen sein, wenn der Behörde der Sachverhalt schon aufgrund vorangegangener Anträge bekannt war (BGH NVwZ 1993, 299). Maßgebend für die Bestimmung der Frist sind außerdem der Umfang und die Schwierigkeit der Sache sowie der für die Anhörung anderer Behörden erforderliche Zeitaufwand (Boujong, WiVerw 1991, 59, 100 f).
Die Verzögerung der Einvernehmenserteilung ist allerdings unschädlich, weil § 36 Abs. 2 Satz 2 BauGB die Erteilung nach zwei Monaten fingiert; insofern hat die Gemeinde keine Verzögerungsmöglichkeiten (BGH NVwZ 2011, 249, 251). Auch die Verweigerung der Einvernehmenserteilung begründet keinen Amtshaftungsanspruch, weil die Bauaufsichtsbehörde das verweigerte Einvernehmen ersetzen kann und muss, (BGH NVwZ 2011, 249, 250) und die Dauer des Ersetzungsverfahrens noch nicht zu einer haftungsrelevanten Verzögerung führt (Zeiser, BayVBl 2010, 613, 617. Zu den Ausnahmen s.o. Rdn. 794d ff).
Bei einer amtspflichtwidrig verzögert erteilten Baugenehmigung steht dem Betroffenen ein Anspruch auf Ersatz der Schäden zu, die während der Zeit der Verzögerung entstanden sind. Diese beginnt mit dem Zeitpunkt, zu dem nach pflichtgemäßer Entscheidung über das Einvernehmen und weiterer pflichtgemäßer Bearbeitung des Baugesuchs die Baugenehmigung erteilt worden wäre und endet mit dem Zeitpunkt der tatsächlichen Erteilung der Baugenehmigung (OLG Hamm NJW 1996, 855). Der Geschädigte ist also zu stellen, als wäre sein Gesuch rechtzeitig und ordnungsgemäß beschieden worden (Staudinger-Wurm, § 839 BGB, Rdn. 578; Hebeler, VerwArch 2007, 136, 150).
Versäumt es der geschädigte Antragsteller allerdings schuldhaft, eine aller Voraussicht nach erfolgreiche Untätigkeitsklage gemäß § 75 VwGO zu erheben, sind Amtshaftungsansprüche aus verzögerter Bearbeitung wegen § 839 Abs. 3 BGB ausgeschlossen (OLG Koblenz, NJOZ 2007, 4494, 4496). Dies gilt aber dann nicht, wenn wegen der voraussichtlichen Dauer des Klageverfahrens eine Verzögerung von mindestens gleicher Dauer eingetreten wäre (BayObLG NVwZ-RR 1992, 534).
Erklärt sich der Bauantragsteller bereit, den von einem der Träger öffentlicher Belange erhobenen Einwendungen Rechnung zu tragen, obwohl er diese für unbegründet erachtet, kann er wegen der hierdurch eingetretenen Verzögerung des Genehmigungsverfahrens keine Schadensersatzansprüche geltend machen (BayObLG NVwZ-RR 1992, 534).
Die verzögerte Bearbeitung und Entscheidung eines Baugesuchs kann im Übrigen Entschädigungsansprüche wegen enteignungsgleichen Eingriffs zur Folge haben (BGH NVwZ 1992, 1119, 1121; BGH NVwZ 2002, 124, 125; Hoppenberg/de Witt-de Witt/Krohn, M, Rdn. 130; a. A. BayObLG NVwZ-RR 1992, 534; s. a. Simon/Busse-Dirnberger, Art. 54 BayBO, Rdn. 268).
Grundsätzlich ist es zulässig, dass eine Gemeinde eine Bauvoranfrage oder einen Bauantrag, die nach der geltenden Rechtslage positiv zu verbescheiden wären, zum Anlass nimmt, ändernde Planungsmaßnahmen einzuleiten und diese auch (z. B. gemäß §§ 14, 15 BauGB) zu sichern (VG Köln, Urt. v. 30.04.2010, Az. 11 K 5149/08). Die Gemeinde kann dann den Zeitraum, der für eine ordnungsgemäße Bearbeitung des Baugesuchs ohnehin erforderlich ist, zeitgleich zur Ergreifung entsprechender Maßnahmen nutzen. Liegt dann in dem Zeitpunkt, zu dem die ordnungsgemäße und zügige Bearbeitung des Gesuchs abgeschlossen sein muss, der Aufstellungsbeschluss für eine geänderte Planung gem. § 14 BauGB vor, ist die Gemeinde nicht gehindert, eine Zurückstellung des Vorhabens nach § 15 BauGB zu beantragen (BGH NVwZ 2002, 124). Ein Amtshaftungsanspruch scheidet in diesen Fällen aus.
Eine Amtspflichtverletzung liegt demgegenüber vor, wenn der Bauvoranfrage oder dem Bauantrag bei einer Entscheidung innerhalb der angemessenen Bearbeitungszeit bis zur Entscheidungsreife, mithin ohne Verzögerung, noch vor Inkrafttreten der Veränderungssperre hätte stattgegeben werden müssen (BGH NVwZ 1994, 405; BGH NVwZ 2002, 124 f). Jede Behörde hat die Amtspflicht, die an sie gestellten Anträge mit der gebotenen Beschleunigung innerhalb einer angemessenen Frist zu behandeln und die Anträge, sobald eine ordnungsgemäße Prüfung abgeschlossen ist, in angemessener Frist zu bescheiden. Die zuständige Baugenehmigungsbehörde trifft damit die Pflicht, ein Baugesuch gewissenhaft, förderlich und sachdienlich zu behandeln und ohne vermeidbare Verzögerung innerhalb angemessener Frist zu bescheiden sowie jedwede Schädigung des Bauwerbers zu unterlassen. Welcher Zeitraum für die Bearbeitung eines Antrags auf Erteilung eines Bauvorbescheids angemessen ist, kann nicht abstrakt beantwortet werden, sondern ist jeweils eine Frage des Einzelfalls (im konkreten Fall wurden ca. sechs Wochen als ausreichend erachtet) (OLG Dresden, Endurteil vom 27.04.2018 - 1 U 1701/16). Mitunter geht die Rechtsprechung bei einem Bau- oder Vorbescheidsantrag auch von einem Zeitraum von ca. drei Monaten aus (BayObLG NVwZ 1995, 928; BayVGH BayVBl. 2003, 273 ff., OLG München, Beschl. v. 15.05.2006, Az. 1 U 5488/05). Zögert also die Gemeinde die Verbescheidung eines Baugesuchs oder Vorbescheids (OLG München, Beschl. v. 15.05.2006, Az.: 1 U 5488/05) trotz Entscheidungsreife solange hinaus, bis die Voraussetzungen für das Inkrafttreten einer Veränderungssperre oder die Rückstellung eines Baugesuchs gegeben sind, so handelt sie amtspflichtwidrig (Schlick, DVBl 2007, 457, 459). In Sachsen ist für die Bearbeitung einer Bauvoranfrage grundsätzlich kein längerer Zeitraum als drei Monate angemessen. Dies ergibt sich aus der gesetzlich vorgegebenen Drei-Monats-Frist für die Entscheidung über einen Bauantrag (§ 69 Abs. 4 Satz 1, 2 SächsBO); wenn schon über die vollständige Baugenehmigung innerhalb von drei Monaten zu entscheiden ist, dann erst recht über einen abgrenzbaren Teil der Genehmigung (OLG Dresden, Urteil vom 27.04.2018 - 1 U 1701/16).
Amtspflichtwidrig ist auch die Einlegung eines (unbegründeten) Rechtsmittels, wenn dadurch ein Zeitgewinn erreicht werden sollte, damit das zur geplanten Ablehnung des Bauantrags geeignete Planungsinstrument zur Verfügung steht (BGH NVwZ 2002, 124). Das spätere, auch rückwirkende Entstehen eines Versagungsgrundes beseitigt die Pflichtverletzung nicht (Palandt-Sprau, § 839 BGB, Rdn. 98; Krohn/de Witt, NVwZ 2005, 1387). Die Verzögerung der Einvernehmenserteilung ist allerdings unschädlich, weil § 36 Abs. 2 Satz 2 BauGB die Erteilung nach zwei Monaten fingiert; insofern hat die Gemeinde keine Verzögerungsmöglichkeiten (BGH NVwZ 2011, 249, 251).
Ersatzfähig ist in diesen Fällen nicht allein der sog. Verzögerungsschaden (den es nur bei einer schlussendlich erteilten Baugenehmigung geben könnte), sondern der Schaden, der aus der endgültigen Verweigerung der Baugenehmigung entsteht. Dieser kann insbesondere in einer Wertminderung des Grundstücks aufgrund einer nicht mehr möglichen bestimmten Baunutzung liegen (OLG München, Beschl. v. 15.05.2006, Az.: 1 U 5488/05). Kausalität ist aber nur dann gegeben, wenn der begehrte positive Bauvorbescheid zu erteilen oder das Vorhaben baugenehmigungsfähig gewesen wäre (OLG Dresden, Urteil vom 27.04.2018 - 1 U 1701/16).
Die meisten Bundesländer haben das Baugenehmigungsverfahren durch eine weitgehende Genehmigungsfreistellung mittlerweile stark vereinfacht. Im Geltungsbereich eines Bebauungsplans bedarf es für bestimmte Vorhaben, sofern sie eine gewisse Größe nicht überschreiten und den Festsetzungen des Bebauungsplans entsprechen, keiner Baugenehmigung mehr; es besteht lediglich eine Anzeigepflicht gegenüber der Gemeinde. Sofern diese bzw. die Bauaufsichtsbehörde nicht innerhalb einer bestimmten Frist Einwendungen erhebt oder die Durchführung eines Genehmigungsverfahrens verlangt, kann mit dem Bau begonnen werden (Vgl. z. B. Art. 58 Abs. 1 BayBO 2008; dazu Numberger, BayVBl 2008, 741).
Zweck dieser Änderungen ist es, die Verantwortlichkeit der am Bau beteiligten Privaten (also insbesondere des Bauherrn und der Entwurfsverfasser) zu stärken und zugleich das Haftungsrisiko der öffentlichen Hand für Fehler im Rahmen des Genehmigungsverfahrens zu reduzieren (Rotermund/Krafft, Rdn. 507). Damit verschiebt sich das Haftungsrisiko in erster Linie auf die beauftragten Architekten (Allgemein zur Haftung des Architekten s. Hertwig, NZBau 2003, 359, 364 ff).
Gleichwohl sind in bestimmten Fällen Amtshaftungsansprüche denkbar. Es handelt sich dabei um Fälle, in denen die Gemeinde bzw. die Bauaufsichtsbehörde die Durchführung eines Genehmigungsverfahrens aus sachwidrigen Gründen verlangt oder bei ihrer tatsächlich durchgeführten Prüfung einen Mangel erkannt hat, gleichwohl aber nichts unternimmt, d.h. nicht die Durchführung eines Genehmigungsverfahrens verlangt.
Die Gemeinde kann grundsätzlich die Durchführung eines Genehmigungsverfahrens verlangen, auch wenn dies einen Zeitverlust für den Bauherrn bedingt. Teilweise ist in den Landesbauordnungen sogar ausdrücklich vorgesehen, dass kein Rechtsanspruch darauf besteht, dass die Gemeinde die Durchführung eines Genehmigungsverfahrens nicht verlangt (Vgl. Art. 58 Abs. 4 Satz 2 BayBO 2008). Eine amtspflichtwidrige Verzögerung eines Bauvorhabens liegt deshalb nur vor, wenn die Gemeinde bei einem offensichtlich genehmigungsfähigen Vorhaben aus Willkür ein Genehmigungsverfahren verlangt (Vgl. Rotermund/Krafft, Rdn. 507 a. E). Dann haftet sie für den dadurch entstehenden Verzögerungsschaden.
Ein Amtshaftungsanspruch ist ferner gegeben, wenn die Gemeinde bzw. Bauaufsichtsbehörde nach einer von ihr durchgeführten Prüfung erkannt hat, dass das Vorhaben den baurechtlichen Vorschriften widerspricht, gleichwohl aber nicht reagiert und insbesondere nicht auf der Durchführung eines Genehmigungsverfahrens besteht (Rotermund/Krafft Rdn. 507). Damit wird keine Prüfungspflicht contra legem statuiert, sondern nur die haftungsrechtliche Konsequenz aus einer von der Gemeinde bzw. der Bauaufsichtsbehörde tatsächlich bereits durchgeführten Prüfung gezogen; der Amtswalter der Gemeinde bzw. der Bauaufsichtsbehörde verstößt gegen die Amtspflicht zu konsequentem Verhalten, wenn er zwar in einem Aktenvermerk festhält, dass das Vorhaben rechtswidrig ist, daraus aber keinerlei Konsequenzen zieht, sondern sehenden Auges zulässt, wie der Bauherr durch den Baubeginn einen Schaden erleidet.
Eine Pflicht zur Prüfung besteht dagegen grundsätzlich nicht. Eine Amtspflichtverletzung wäre nur denkbar, wenn sich die Gemeinde widersprüchlich verhielte, etwa wenn sie sich um eine konkrete Bebauung zur Verwirklichung ihrer Planungsinteressen bemüht, dann aber die eingereichten Baupläne ignoriert und sich nicht weiter mit dem Bauvorhaben befasst (Weitergehend Rotermund/Krafft, Rdn. 507. Aus dem Beschluss des BayVGH vom 13.1.2000, BayVBl 2000, 311 ff., ergibt sich aber, dass durch eine Genehmigungsfreistellung keine Rechtsposition zugunsten des Bauherrn begründet wird. Gegen Prüfungspflicht, aber für Prüfungsrecht der Gemeinde Simon/Busse-Taft, Art. 58 BayBO, Rdn. 35 f.
Das Haftungsrisiko der Gemeinde und der Bauaufsichtsbehörde ist jedoch bei genehmigungsfreien Bauvorhaben insgesamt auch deshalb gering, da der Bauherr gem. § 839 Abs. 1 Satz 2 BGB primär gegen den verantwortlichen Architekten vorgehen muss.
Sofern der Bauwillige bei der Baugenehmigungsbehörde um Auskunft über die bauliche Nutzbarkeit von Grundstücken oder die Zulässigkeit eines konkreten Vorhabens bittet, wird er häufig auf den Weg der Bauvoranfrage verwiesen. Geschieht dies nicht und gibt die Behörde entsprechende Auskünfte, so müssen diese richtig, klar, unmissverständlich und vollständig sein; (OLG Düsseldorf, Urteil vom 16.11.2016 –18 U 20/15, I-18 U 20/15; Brandenburgisches OLG, BauR 2012, 296; OLG Hamm, Urt. v. 05.03.2010, Az. 11 U 115/09; Staudinger-Wurm, § 839 BGB, Rdn. 608) diese Amtspflicht besteht gegenüber jedem, in dessen Interesse oder Auftrag die Auskunft erteilt wird (BGH VersR 1985, 1186). Dies gilt nicht nur für schriftliche, sondern auch für mündliche Auskünfte (BGH NJW 1980, 2573; allgemein zur Amtshaftung wegen behördlicher Falschauskunft vgl. Rohlfing, NdsVBl 2008, 57 ff. ). Nimmt ein Beamter zur Vorbereitung einer Auskunft gegenüber einem Dritten einen weiteren Amtsträger aufgrund dessen überlegenen Fachwissens in Anspruch, so gewinnt dessen Mitwirkung am Zustandekommen der Auskunft gegenüber dem Adressaten eine eigenständige Qualität, die über die innerbehördliche Beteiligung hinausgeht. Daher obliegt auch dem weiteren Amtsträger die Amtspflicht zur zutreffenden und vollständigen Unterrichtung über die Rechtslage gegenüber dem Erklärungsempfänger (BGH NVwZ 2006, 245, 247).
Behördliche Erklärungen dazu, ob und wie ein Grundstück gegenwärtig baulich nutzbar ist, stellen eine Rechtsauskunft dar. Das Schriftformerfordernis des § 38 VwVfG greift hier nicht ein, da sich eine entsprechende Erklärung auf gegenwärtige und nicht auf zukünftige Umstände bezieht und damit keine Zusicherung darstellt (Boujong, WiVerw 1991, 59, 111; vgl. zur Abgrenzung zwischen einer Auskunft und einer Zusicherung BGH NJW 1992, 1230, 1231; BGH NVwZ-RR 1996, 66; sowie Bergmann/Schumacher, Rdn. 1144).
Erklärungen einer Gemeinde über die künftige bauliche Nutzbarkeit eines Grundstücks begründen in der Regel den Eindruck, es werde ein Bebauungsplan mit den entsprechenden Festsetzungen erlassen. Eine solche Zusage wäre wegen Verstoßes gegen § 2 Abs. 3 BauGB und unzulässiger Verkürzung des Abwägungsgebotes unwirksam (BGHZ 76, 16, 22). Die Rechtsprechung wertet aber solche Erklärungen als Auskunft über gegenwärtige Tatsachen, die für den weiteren Fortgang der Bauleitplanung von Bedeutung sind (BGHZ 76, 16, 22. ). Diese Auskünfte müssen ebenfalls richtig und vollständig erteilt werden (Boujong, WiVerw 1991, 59, 112; vgl. auch OLG Brandenburg NVwZ-RR 2001, 704).
Die Amtspflicht zur Erteilung einer richtigen und vollständigen Auskunft besteht gegenüber dem Empfänger der Auskunft, etwa auch einem Baufinanzierer, (Brandenburgisches OLG, BauR 2012, 296) sowie gegenüber weiteren Personen, für die die Auskunft erkennbar bestimmt ist. Ist beispielsweise eine Bescheinigung über die Bebaubarkeit eines Grundstücks für den Beamten erkennbar zur Vorlage an einen möglichen Käufer des Grundstücks bestimmt, so besteht die Amtspflicht auch diesem gegenüber (BGH NVwZ 1984, 748 f). Die im Rahmen eines Baugenehmigungsverfahrens an den Antragsteller gerichtete schriftliche und vom Amtsleiter unterzeichnete Mitteilung der Bauaufsichtsbehörde, dass „gegen das Bauvorhaben keine planungs- und baurechtlichen Bedenken bestehen“, kann geeignet sein, ein schutzwürdiges Vertrauen in die Richtigkeit der Auskunft zu begründen (BGH NJW 1994, 2087; Staudinger-Wurm, § 839 BGB, Rdn. 609 ff. ). Allerdings hat der BGH wiederholt klargestellt, dass ein Amtshaftungsanspruch ausscheidet, wenn der Betroffene nicht in schutzwürdigem Vertrauen auf die als „Verlässlichkeitsgrundlage“ dienende Auskunft gehandelt hat.
An einer solchen Verlässlichkeitsgrundlage fehlt es etwa, wenn ein städtisches Schreiben die Formulierung enthält, dass grundsätzlich eine planungsrechtliche Zulässigkeit des Vorhabens gegeben ist. Dies stellt keine abschließende Bestätigung dar, sondern ist lediglich eine Mitteilung über den gegenwärtigen Stand des Genehmigungsverfahrens (OLG Hamm, Urt. v. 30.09.2005, BeckRS 2006, 15376). Auch die mündliche Auskunft eines Mitarbeiters der Bauaufsichtsbehörde gegenüber einem Architekten, dass in einem bestimmten Gebiet Baurecht in Form eines rechtsverbindlichen Bebauungsplans vorliege, schafft keine hinreichende Vertrauensgrundlage, wenn und weil der Architekt über eigenes fachliches Sonderwissen hinsichtlich der planungsrechtlichen Zulässigkeit des Vorhabens verfügt (OLG Koblenz, Urt. v. 12.12.2007, BeckRS 2008, 05888. ). Der notwendige Vertrauenstatbestand entsteht schließlich auch dann nicht, wenn die Behörde zusammen mit der falschen Auskunft über die Zulässigkeit des Bauvorhabens ausdrücklich auf die Erfordernisse einer Baugenehmigung und einer Beteiligung der Nachbarn hinweist, (BGH NVwZ 2003, 376 ff) wenn der Empfänger die Unzulänglichkeit der Auskunft kennt oder grob fahrlässig nicht kannte (Staudinger-Wurm, § 839 BGB, Rdn. 613. ) oder wenn es sich um ein ersichtlich unverbindliches Vorgespräch handelt (OLG München BauR 2011, 726). Angesichts dieser Unsicherheiten empfiehlt es sich, insbesondere bei umfangreicheren Bauprojekten auf die „klassische“ Bauvoranfrage zurückzugreifen, um seitens der Behörde verbindliche und belastbare Aussagen zu einer baurechtlichen Fragestellung zu erhalten (Dziallas, NZBau 2008, 375. ).
Enthält die Auskunft Einschränkungen oder Vorbehalte, so ist sie ebenfalls nicht als Vertrauensgrundlage geeignet. Weist die Behörde etwa darauf hin, dass die Auskunft entsprechend dem „gegenwärtigen Kenntnisstand“ gegeben wird, so liegt darin der Vorbehalt, dass sich noch abweichende Erkenntnisse ergeben können. Der Betroffene kann sich deshalb nicht darauf verlassen, dass die Auskunft abschließenden und bindenden Charakter hat. Im Übrigen bezieht sich die Auskunft im Gegensatz zur Zusicherung nur auf gegenwärtige und nicht auch auf zukünftige Umstände. Sie umfasst deshalb keine „Garantie“ dafür, dass das Grundstück unbeschadet erst später entdeckter Gefahrenherde für bauliche Zwecke künftig uneingeschränkt nutzbar ist (BGH NJW 1993, 2615, 2617). Wird eine unzutreffende Auskunft erkennbar im Rahmen eines noch nicht abgeschlossenen Verwaltungsverfahrens gegeben, so genießt der Antragsteller kein schutzwürdiges Vertrauen in seiner Erwartung, das eingeleitete Verfahren werde zu dem in der Auskunft genannten Ergebnis führen (BGH NJW 1992, 1230, 1231 f).
Ein Amtshaftungsanspruch des Geschädigten wegen einer falschen Auskunft entfällt andererseits nicht deshalb, weil er es unterlässt, eine Baugenehmigung oder eine Bodenverkehrsgenehmigung zu beantragen, da es sich hierbei nicht um „Rechtsmittel“ im Sinne von § 839 Abs. 3 BGB handelt (Boujong, WiVerw 1991, 59, 113). Ein Mitverschulden gem. § 254 BGB kann vorliegen, wenn für den Geschädigten die Annahme einer Falschauskunft dringend naheliegt. Im Regelfall darf der Bürger aber darauf vertrauen, dass amtliche Auskünfte zutreffend sind (BGH NJW 1978, 1522).
Sofern ein Beamter erkennen kann, dass ein Bürger aufgrund behördlichen Verhaltens zu Maßnahmen veranlasst wird, die für ihn nachteilig oder zumindest risikobehaftet sind, besteht eine Pflicht zur Aufklärung (Simon/Busse-Dirnberger, Art. 54 BayBO, Rdn. 269). Erscheint der Bürger belehrungsbedürftig, so hat ihn der Beamte über die Sach- und Rechtslage aufzuklären (BGH NJW 1985, 1335). Allerdings besteht kein allgemeines Gebot, sich ohne konkreten Anlass mit den Angelegenheiten eines Bürgers zu beschäftigen und umfassend zur Abwehr von Schaden beratend tätig zu werden.
Die Baugenehmigungsbehörde ist dementsprechend verpflichtet, den Bauwilligen auf bestehende Bedenken gegen die Wirksamkeit eines Bebauungsplans hinzuweisen (BGH NVwZ 1987, 168, 169). Nach Erteilung einer Baugenehmigung hat sie über den Eingang eines Nachbarwiderspruchs oder das Entstehen anderer Hindernisse, etwa einer drohenden Veränderungssperre, unverzüglich zu unterrichten (BGH NVwZ 2004, 638, 639; BGH VersR 2006, 76. ). Eine Gemeinde darf, wenn ihr die durch einen Formfehler verursachte Unwirksamkeit eines Bebauungsplans bekannt geworden ist, diesen Mangel gegenüber einem um Auskunft nachsuchenden Bürger nicht verschweigen (BGH NVwZ 1987, 168, 169. ). Ebenso ist der Inhaber einer Baugenehmigung für ein in einem potenziellen Plangebiet gelegenes Grundstück auf den drohenden Eintritt einer Veränderungssperre gemäß § 9a Abs. 3 Satz 4 i. V. m. Abs. 1 FStrG hinzuweisen (BGH UPR 2005, 302 ff. ). Andererseits besteht keine Verpflichtung der Gemeinde, einen Kanalanschlussinhaber auf die Gefahren von Rückstauschäden hinzuweisen, wenn die Belastung der Kanalisation durch den erkennbaren Anschluss weiterer Grundstücke und die Beseitigung eines offenen Grabens erhöht wird und die Abwassersatzung den Einbau einer Rückstausicherung vorschreibt (OLG Nürnberg, Beschluss vom 02. April 2014 – 4 U 42/14 –, juris).
Die größten Schwierigkeiten bereiten dem Kläger regelmäßig die Darlegung und der Beweis der Kausalität der Amtspflichtverletzung für den eingetretenen Schaden. Ausgangspunkt der Darlegungen muss dabei stets der Schaden sein. Erst wenn dargestellt ist, welchen konkreten Schaden der Kläger geltend machen will, kann analysiert werden, ob ein Kausalzusammenhang zwischen dem Schaden und der Amtspflichtverletzung besteht. Bei der rechtswidrigen Versagung eines Vorbescheids kann dementsprechend nur dann mit Erfolg eine unterbliebene Wertsteigerung des Grundstücks geltend gemacht werden, wenn nachgewiesen wird, dass die pflichtgemäße Erteilung des Vorbescheids im weiteren (fiktiven) Kausalverlauf die Erteilung der Baugenehmigung und damit die als Schaden geltend gemachte unterbliebene Wertsteigerung nach sich gezogen hätte (Rotermund/Krafft, Rdn. 960).
Bei der rechtswidrigen Verzögerung der Erteilung einer Baugenehmigung mit der Folge, dass eine Baugenehmigung wegen Erlass einer Veränderungssperre nicht mehr erteilt werden kann, muss nachgewiesen werden, dass die Genehmigung bei pflichtgemäßer Bearbeitung vor Erlass der Veränderungssperre hätte erteilt werden müssen; dabei sind die Anforderungen an die Darlegungslast des Klägers hinsichtlich des Zeitpunkts der Entscheidungsreife umso höher, je komplexer der Bauantrag ist und je umfangreicher die Prüfungspflichten der Genehmigungsbehörde sind.
Bei genehmigungsfreien Bauvorhaben kann der Bauherr bei einer Verletzung von nachbarschützenden Vorschriften mit einer zivilrechtlichen Unterlassungsklage des Nachbarn konfrontiert sein. Stehen dann zugleich Amtshaftungsansprüche gegen die Gemeinde oder den Träger der Bauaufsichtsbehörde im Raum, etwa bei erkannter Rechtswidrigkeit des Bauvorhabens durch die Gemeinde, stellt sich die prozessuale Frage, ob der beklagte Bauherr im Rahmen der gegen ihn gerichteten Unterlassungsklage eine Drittwiderklage etwa gegen die Gemeinde erheben könnte.
Drittwiderklagen gegen einen bisher unbeteiligten Dritten werden von der Rechtsprechung zwar in engen Fällen für zulässig erachtet (BGHZ 147, 220; LG Bonn NJW-RR 2002, 1400). In der vorliegenden Konstellation wäre eine Drittwiderklage allerdings nur für den Fall sinnvoll, dass der Unterlassungsklage stattgegeben wird; denn wenn schon die Unterlassungsklage abgewiesen wird, weil das Vorhaben rechtmäßig ist, besteht kein Grund mehr für eine Amtshaftungsklage. Die Drittwiderklage müsste also hilfsweise erhoben werden. Zwar sind auch Hilfswiderklagen, etwa unter der aufschiebenden Bedingung der Klagestattgabe (Zöller-Vollkommer, § 33 ZPO, Rdn. 26), zulässig (BGH NJW 1996, 2307). Unzulässig ist aber eine bedingte Klageerhebung, weil es hier an einem bestehenden Rechtsverhältnis fehlt (Zöller-Vollkommer, § 253 ZPO, Rdn. 1). Die Drittwiderklage ist der Sache nach eine originäre, partiell privilegierte Klage, da sie ein neues Prozessrechtsverhältnis zu einem Dritten begründet. Eine bedingte Drittwiderklage gegen die Gemeinde ist deshalb unzulässig.
Eine unbedingte Drittwiderklage gegen die Gemeinde dürfte dagegen zulässig sein, zumal der Prozessstoff der Unterlassungsklage für die Amtshaftungsklage wesentliche Bedeutung hat. Notwendig ist aber, dass der Drittwiderbeklagte einen Gerichtsstand am Ort der Klage hat. Auf § 33 ZPO kann zur Begründung eines Gerichtsstands nicht zurückgegriffen werden, da die dafür notwendige Konnexität bei einer Drittwiderklage nicht gegeben ist.
Falls im Übrigen die Prozessrisiken einer unbedingten Drittwiderklage im Einzelfall als zu hoch einzuschätzen sind, ist eine Streitverkündung an die Gemeinde oder den Träger der Bauaufsichtsbehörde in Betracht zu ziehen, da so zumindest eine Bindungswirkung erreicht werden kann.